Susanne Latour: Vom Erfinder zur Story – über die Herkunft bekannter Markennamen

Als keine wohlklingenden Götter mehr zur Verfügung standen, griffen die Hersteller auf andere Vorbilder zurück. Der Müller Georg Plange ehrte seinen Kaiser Wilhelm I., indem er für sein qualitativ hochwertiges Mehl 1871 die Bezeichnung KAISER beim Patentamt schützen ließ. Sie sollte nicht das Produkt, sondern seine Eigenschaften beschreiben und ist damit ein Vorreiter bei den deutschen Markenanmeldungen. Aber lebende Persönlichkeiten können durch ihre Handlungen auch Unmut erregen: Als der gleiche Kaiser später Reichskanzler Bismarck entließ, ärgerte sich Plange so sehr darüber, dass er das gleiche Produkt 1895 als DIAMANT Mehl beim Patentamt registrieren ließ.

Starke Markennamen erzählen eine Geschichte

Mit historischen und lebenden Persönlichkeiten ist ein Markeninhaber also nicht immer gut beraten, denn diese haben die Tendenz, selbst Geschichte zu machen. Marken brauchen jedoch ihre eigene Story. Ben & Jerry’s beispielsweise erzählt die Geschichte von zwei Schulfreunden, die so gerne Eis essen, dass sie zu erfolgreichen Speiseeisproduzenten werden. Der Rest ist Geschichte, sagen sie, und bieten diese im Internet zum Weiterlesen an. Damit wird der Kunde erfolgreich bei der Stange gehalten.

Der Blick in die Geschichte zeigt, dass Marken sich ebenfalls weiterentwickeln und dadurch  Namen mit Angaben zur Komposition/ zum Inhalt Probleme aufwerfen können. Denn der Kunde kann Sortimentserweiterungen unter gleichem Namen nicht immer folgen. Ursprünglich stand etwa MENTOS für erfrischende Mentholbonbons, ist aber mittlerweile eher für die Fruchtkaubonbons bekannt. PALMOLIVE steht heute für eine breite Produktpalette zum Waschen, Duschen, Baden – und Geschirrspülen. Obwohl dieser Name von Palmöl und Olivenöl abgeleitet wurde, die zum Geschirrspülen eher nicht geeignet sind.

Diese Einschränkung gilt auch, wenn der Markenname Angaben zur Indikation macht. Bübchen stand am Anfang für die Anwendung bei kleinen Jungen, dann auch bei Mädchen, und inzwischen vermarktet Nestlé unter diesem Namen auch Pflegeprodukte für die Mama. Und AFTER EIGHT schmeckt natürlich auch vor acht Uhr abends.

Mit einem Namen, der eine Geschichte über die Persönlichkeit des Produktes erzählt, hat der Hersteller in jedem Fall bessere Karten. Bei HÄAGEN DASZ zum Beispiel fragt jeder woher dieser Name kommt.


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Über die Autorin:

Susanne Latour
Susanne Latour (© Bild: privat).

Susanne Latour – Eine Kosmopolitin im Namensgeschäft. Das Thema Markennamen kennt Susanne Latour wie kaum jemand: Seit über zwei Jahrzehnten betreut sie Namensprojekte auf nationaler und internationaler Ebene. Nach zwei Jahren Tätigkeit für die europäischen Namensagentur Nomen International S.A. in Paris gründete sie 1989 im Alter von 26 Jahren deren deutsche Tochterfirma, die Nomen International Deutschland GmbH. 2002 führte sie die bis dahin noch unbekannte Dienstleistung name coaching im internationalen Markt ein. Susanne Latour ist Verfasserin zahlreicher Fachartikel sowie Autorin von „Namen machen Marken“, dem 1996 im Campus Verlag erschienenen Fachbuch zur Entwicklung von Firmen- und Produktnamen. Mehr über Susanne Latour erfahren Sie auf www.anonyma.biz.


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