Über die neue Lobkultur in Social Media Zeiten

Inhaltsverzeichnis

… aus der wöchentlichen Themenserie von Anne M. Schüller.

Wer von seinen Mitarbeitern Spitzenleistungen will, muss loben können. Denn Lob ist ein Steuerungsinstrument. Wollen und Loben hängen eng zusammen. Gerade in unserer neuen Arbeitswelt ist eine adäquate Lobkultur unumgänglich, denn die ‚Digital Natives‘ sind in Social Media Zeiten auf permanente Anerkennung gepolt.

Der Mitarbeiterwunsch Nummer eins an den Chef? Er heißt: mehr Lob, mehr Anerkennung, mehr Wertschätzung, mehr Respekt! Doch in vielen Unternehmen ist Loben ein rares Gut. Einer 2011er Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK Krankenversicherung zufolge nahmen knapp 55 Prozent der befragten 28.223 Beschäftigten aus 147 Unternehmen Lob von ihrem Vorgesetzten nie beziehungsweise nur selten wahr. Ein erschütterndes Ergebnis! Dabei gibt es gar keinen Zweifel daran, dass eine positive Feedback-Kultur für die unternehmerische Wertschöpfung von hoher Bedeutung ist.

Feedback am besten sofort!

Es gibt genügend Führungskräfte, die geizen nicht nur mit Lob, sie sammeln es auch wie Rabattmarken. Volle Heftchen werden erst beim Jahresgespräch ausgeteilt. Da sollte man sich mal folgendes fragen: Würden Sie einem Hund das Leckerli für gehöriges Tun erst nach monatelangem Warten geben? Oder ein Kleinkind für die ersten tapsigen Gehversuche Wochen später loben? Selbst ein Fotoapparat, auf dessen Output wir früher tagelang warten mussten, gibt uns inzwischen sofortiges Feedback über die Qualität unserer Schnappschüsse – und hilft uns so, schnell bessere Bilder zu machen.

Feedbacks sind Rückmeldungen über die erbrachten Leistungen. Sie geben uns die Sicherheit, auf dem richtigen Weg zu sein. Zügige Rückmeldungen sind von daher im unternehmerischen Alltag elementar – und für die Internetgeneration unumgänglich. Denn ihr Hirn ist auf kurz und schnell kalibriert. Und es hat sich an sofortiges Feedback gewöhnt. So wird es etwa bei Online-Games für vollbrachte Spielleistungen postwendend belohnt: mit Status-Upgrades, immer höheren Spiele-Levels, Bonuspunkten. Ähnliches gilt für Facebook & Co. Status-Updates werden mit sofortigen Likes quittiert – und durch anerkennende Worte gewürdigt. Social Media, Social Networks und digitale Geräte sind perfekte Feedback-Geber – und genau deshalb haben sie Suchtpotenzial.

Von ihrer Führungskraft erwarten die ‚Digital Natives‘, die jetzt ans Ruder kommen, nun das gleiche wie von einem Online-Game: „Ich will meinen Punktestand wissen! Und zwar sofort – und jeden Tag.“ Erbrachte Arbeitsleistungen werden fortan nicht nur mündlich kommentiert, sondern von fortschrittlichen Arbeitgebern auch via Sterne-Bewertungssystem bepunktet und in einem digitalisierten Entwicklungsplan zwecks Potenzialoptimierung abgelegt. Gamification, also der Einbau spielerischer Elemente, heißt dieser neue Trend. In einem solchen Szenario positive Rückmeldungen bis zum Jahresgespräch vorzuenthalten? Tödlich!

Lob ist wie purer Sauerstoff

Lob ist wie Sauerstoff für das tägliche Wollen der Mitarbeiter. Denn Lob setzt im zerebralen Belohnungssystem einen Cocktail aus Dopamin, Oxytocin und weiteren Glücksbotenstoffen frei. Dieses beflügelnde Gemisch fördert nicht nur Arbeitsfreude, Wagemut und Leistungskraft, es stärkt auch unser Immunsystem und hält uns fit für immer neue Heldentaten. So unterstützt eine ausgeprägte Lobkultur die Firmen auf dem Weg zum Erfolg und schützt sie vor hohen Krankenständen und langen Fehlzeiten.

Das ist hinlänglich bekannt: Unser Oberstübchen will immer weg vom Negativen und hin zum Positiven – und zwar möglichst sofort. Doch Anstrengung muss sich lohnen, sonst fährt das Hirn in den Energie-Sparmodus zurück. „Tatsächlich nutzt der Mensch fast jede Gelegenheit, sich zu erhöhen, und bezeugt Wohlwollen und Dankbarkeit dem gegenüber, der eine solche Erhöhung vornimmt oder auch nur verspricht“, sagt der Verhaltensbiologe Felix von Cube. Und ein schöner, alter Sinnspruch lautet: „Jeder Mensch braucht sieben Mal täglich ein Lob.“

Alles Motivieren ist Demotivieren? Dieses Statement widerspricht jedem gesunden Menschenverstand. Ein Mitarbeiter bringt Leistung nie nur für sich selbst, sondern ebenfalls für sein Umfeld – also auch für seine Führungskraft. Denn er will in der Gemeinschaft, die ihm wichtig ist, ein geachtetes Mitglied sein. Und er will Leistung gewürdigt wissen.

Natürlich braucht es als Basis ein dickes Paket voll intrinsischer Motivation. Doch mit dem Applaus von außen verdoppelt sich der Effekt. Das kennen wir alle vom Spitzensport. Bei den großen Sportereignissen, wenn die ganze Welt Anteil nimmt, da purzeln die Rekorde. Motivation benötigt also auch extrinsische Auslöser.

Vielen fällt das loben schwer

Wenn Lob und Anerkennung ganz offensichtlich eine Fülle von Vorteilen bringt, wieso tun sich viele Chefs dann mit dem Loben so schwer? Ist es das Blind- und Taubsein für Menschlichkeit? Oder überholtes Hierarchiegehabe, bei dem die Klärung der Rangordnung einen so hohen Stellenwert hat? Da ergeben sich zwei Varianten:

  • – Starke Leader beherrschen die Kunst des aufrichtigen Lobens. Sie betreiben jede Form von echt gemeinter Anerkennung und zeigen Wertschätzung richtig dosiert. Sie erhöhen damit die Menschen in ihrem Umfeld und beflügeln sie so zu Spitzenleistungen. Denn Menschen verstärken Verhalten, für das Sie Aufmerksamkeit, Anerkennung und Wertschätzung erhalten. Und sie wiederholen Verhalten, für das sie belohnt werden.
  • – Schwache Leader hingegen haben Angst um ihren Status. Sie erniedrigen die Menschen in ihrer Umgebung, nehmen ihnen die Würde und neigen dazu, sie fertig zu machen. Warum? Damit ihre eigene Kleinheit nicht so auffällig wird. Doch wer seine Mitarbeiter zu ‚kleinen Würstchen’ macht, wird von ihnen nichts Großes erwarten können. Und wer nicht loben kann, wird feststellen, dass es in seinem Bereich bald keine lobenswerten Leistungen mehr gibt.

Führungskräfte, die Spitzenleistungen wollen, versorgen ihre Mitarbeiter also besser mit positiven Kicks, anstatt sie emotional verhungern zu lassen. Eine ausführliche Checkliste zum Thema Loben finden Sie übrigens hier.

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Das Buch zur Vertiefung:

Anne M. Schüller
Kundennähe in der Chefetage
Wie Sie Mitarbeiter kundenfokussiert führen
Orell Füssli, Zürich 2008, 26,50 Euro / 44.00 CHF
255 Seiten, ISBN: 978-3-280-05282-2

Weitere Infos: www.kundenfokussierte-unternehmensfuehrung.com

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Das Hörbuch zum Thema:

Anne M. Schüller
Die kundenorientierte Mitarbeiterführung
Die 25 wertvollsten Erfolgsrezepte für erfolgreiches Führen in neuen Zeiten
Breuer & Wardin, 1 CD, 77 Min., Preis: 19,90 Euro / 29.90 CHF
ISBN: 978-3939621898

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Über die Autorin:

Anne M. Schüller

Anne M. Schüller ist Diplom-Betriebswirtin, zehnfache Buch- und Bestsellerautorin und Management-Consultant. Sie gilt als Europas führende Expertin für Loyalitätsmarketing und zählt zu den gefragtesten Business-Speakern im deutschsprachigen Raum. Sie ist Gastdozentin an mehreren Hochschulen. Zum Touchpoint Management hält sie Vorträge und Workshops. Zu ihrem Kundenkreis gehört die Elite der Wirtschaft. Weitere Informationen unter: www.anneschueller.com und www.touchpoint-management.de

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