Über Fehler: Daneben greifen bedeutet, richtig zu liegen

Fehler gehören zum Leben dazu, privat wie beruflich. Nur wer in Starre verharrt, dem passieren keine Fehler – er wird aber auch garantiert nicht erfolgreich sein. Natürlich wünscht sich niemand, Fehler zu machen. Aber man muss eben ein paar mal Nieten öffnen, bevor man das große Los zieht: Das gilt für Entscheidungen, für Unternehmensgründungen, für Projekte. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!

In seinem heutigen Beitrag zur Themenserie „Entschlossen – Erfolgreich – Entscheiden“ erklärt Thomas Wuttke, warum Fehler nur eine Station auf dem Weg zum Erfolg sind.

Entscheidungen treffen – aber bitte immer die richtige

Paradox, oder? Wer richtig liegt, landet Treffer. Zieht den Hauptgewinn, keine Nieten. Liegt eine Entscheidung an, soll es doch bitte die richtige sein. Wir messen uns selber am Erfolg, am Treffer, am Richtigliegen.
Soweit, so gut. Und wir wissen auch aus Mutterns Erfahrungsschatz, dass nicht jeder Schuss ein Treffer sein kann und trösten uns dann mit genau diesen Binsenweisheiten, sollte der Pfeil statt in der 12 irgendwo querab gelandet sein. Und hier beginnt das Problem: Wir trösten uns. Das kann sich ganz schnell und ganz leicht steigern: Der Fehler wird stigmatisiert. Pleite. Niete. Versager. Wer will ein Versager sein? Keiner.
Da die Flugbahn des Pfeils so schlecht vorhersehbar ist, gibt es einen einfachen Trick, diesem Versagertum auszuweichen: Einfach nicht mehr schießen! Oder wenn schon geschossen werden muss: Die Zielscheibe erst anschließend um den Pfeil malen. Treffer?

Fehler nicht persönlich nehmen

Wo ist der Fehler? Der Fehler liegt darin, den „Nicht-Treffer“ als persönliches Versagen zu bewerten. Wer den Griff ins Klo als Lernkurve begreift, befindet sich auf einem guten Weg – und in bester Gesellschaft. Wie gelingen Spitzenleistungen im Sport? Hätte es je eine Steffi Graf gegeben, wenn sie es nicht geschafft hätte, verpatzte Aufschläge nicht mehr persönlich zu nehmen?

Wer einen Blick in die Entwicklungsabteilungen riskiert, sieht dort ganz viele „Nicht-Treffer“. Einfach mal probiert. Die Idee hat Potenzial, aber Erfolg? Der ist nicht garantiert. Bei Google heißen diese Ideen „Moonshots“ und die Firma hat die Kultur entwickelt, die Mitarbeiter zu ermutigen, Moonshots zu kreieren, statt sie aus Kostengründen zu unterlassen.

Ein Treffer und neun Nieten

Erfolg hat eine Eintrittswahrscheinlichkeit. Niemand kennt den Prozentsatz, aber nehmen wir mal an, es wären 10 Prozent (was ich für viel zu hoch halte). Aber selbst 10 Prozent würden bedeuten, dass für einen Treffer neun Nieten gezogen werden müssen. Das ist so und lässt sich nicht ändern.

Wer die Niete nun als Durchgangsstation zum Treffer begreift, statt als Stigma, hat zwar im Moment am Ergebnis nichts geändert. Aber einen Riesenschritt in Richtung Erfolg und erfolgreiches Entscheiden getan. Weil er (oder sie) statt in depressiven Selbstzweifeln zu verharren zum nächsten Versuch startet. Der nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit auch wieder eine Niete sein wird.

„Das erste Unternehmen, das ich gegründet habe, ist mit einem großen Knall gescheitert. Das zweite Unternehmen ist ein bisschen weniger schlimm gescheitert, das dritte Unternehmen ist auch anständig gescheitert, aber das war irgendwie okay. Ich habe mich rasch erholt, und das vierte Unternehmen überlebte bereits. Nummer fünf war dann PayPal.” Max Levchin

Und genau hier an diesem Punkt trennt sich wahrlich die Spreu vom Weizen. Unsere Welt ist komplex und nur sehr beschränkt vorhersehbar. Wahrscheinlich in einem höheren Maße vom Zufall gesteuert, als wir zu glauben bereit sind. Es ist unmöglich, dass jeder Schuss ein Treffer ist. Und leider kommt auch nach vier Nieten kein garantierter Erfolg.

Es gibt Möglichkeiten, die Eintrittswahrscheinlichkeiten zu erhöhen. Natürlich. Darüber gibt es Bücher, die meterlang die Bücherregale füllen. Aber zur Logik des Treffers gehört eben auch der Griff daneben. Verstehen Sie den Griff daneben nicht als Niete, sondern als Teil des Prinzips.

Oder wie sagte mir einmal ein amerikanischer Unternehmer: „Wenn ich einen neuen Mitarbeiter einstelle, dann bevorzuge ich den, der bereits eine Insolvenz hingelegt hat“.

Ihr
Thomas Wuttke

Über Thomas Wuttke

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Experte für Risikomanagement Thomas Wuttke. (Bild: © Thomas Wuttke)

Thomas Wuttke ist Speaker, Trainer, Manager, Dozent, Autor und Experte für Risikomanagement und erfolgreiche Entscheidungen. Er hatte über lange Jahre zahlreiche hohe nationale und internationale Managementpositionen inne. Der Herzblut-Unternehmer ist seit Mitte der 80er Jahre selbstständig. Kurz nach dem Studium gründete er seine erste Firma, ein Softwarehaus. Über ein Dutzend Firmen hat er seitdem ins Leben gerufen, gekauft und wieder verkauft. Mit dickem Plus aber manchmal auch mit schmerzhaften Minus. Thomas Wuttke weiß, wovon er spricht, wenn es um Risiken und harte Entscheidungen geht. Ganz nach seinem Motto „Entschlossen – Erfolgreich – Entscheiden“ legt er dar, wie wichtig es ist, Risiken zu erkennen und bewusst einzugehen. Denn: keine Entscheidungen zu treffen bringt garantiert auch keinen Erfolg. Die Zuhörer der Vorträge von Thomas Wuttke schätzen die Kombinationen aus tiefem Erfahrungsschatz, profunder Theorie und eingängiger Darstellung. Ganz ohne PowerPoint und äußerst unterhaltsam!

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?