Wie Sie ganz einfach gute Entscheidungen treffen – Interview mit Thomas Kiefer

Wer kennt sie nicht, die Angst vor Entscheidungen? Insbesondere dann, wenn eine Entscheidung weitreichende Folgen haben wird, scheuen wir uns – im Beruflichen wie auch im Privaten. Dabei hängt das weder von der Persönlichkeit der Entscheider, noch von der Wahl und den Optionen selbst ab. Denn gute Entscheidungen treffen wir genau dann, wenn wir mit System vorgehen. Im folgenden Interview erklärt Thomas Kiefer, was gute Entscheidungen ausmacht und wie jeder die Optionen richtig abwägen kann – und das in jeder Situation.

Gute Entscheidungen treffen muss nicht schwierig sein – Thomas Kiefer im Interview

Herr Kiefer, ob beruflich oder im privaten Umfeld, manchmal fällt es uns schwer, uns zu entscheiden. Woran liegt dies?

Die Gründe dafür sind vielfältig und individuell sehr verschieden. Doch eine gemeinsame Basis gibt es immer: Der Mensch strebt nach Sicherheit. Und viele Entscheidungen, die wir tagtäglich zu treffen haben, müssen wir teilweise bei hoher Unsicherheit treffen.

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Thomas Kiefer erklärt, wie es geht: Gute Entscheidungen treffen wir mit System. (Bild: © Thomas Kiefer)

Viele, auch gestandene Führungskräfte haben Angst, einen Fehler zu machen. Oder auch Angst, etwas zu verpassen. Schließlich bedeutet die Entscheidung für Option A meist den Verzicht auf B. Außerdem sind wir alle mehr oder weniger geprägt von unseren persönlichen Antreibern wie zum Beispiel „Mach es allen recht, sei perfekt, sei stark“ und so weiter. Diese Antreiber treiben uns dann oft, im wahrsten Sinne des Wortes, nur in die zweit- oder drittbesten Entscheidungen. Kommen dann noch schlechte Erfahrungen aus vermeintlich falschen Entscheidungen in der Vergangenheit hinzu, ist das Entscheidungs-Dilemma perfekt.

Der größte Entscheidungs-Verhinderer ist die Unklarheit über das Ziel. Immer dann, wenn – auf persönlicher Ebene wie auch im Unternehmen – das Ziel, der Weg dahin und die einzusetzenden Mittel nicht so recht klar sind oder zumindest nicht so recht klar scheinen, sind diese Unsicherheiten eine große Hürde auf dem Weg zu guten und schnellen Entscheidungen. Zudem tun sich Menschen auch schwer, wenn zu treffende Entscheidungen nicht wirklich zu ihrem Wertefundament passen wollen.

Welche Art von Entscheidungen fallen uns besonders schwer?

Meist sind das Entscheidungen, die nicht oder nur sehr schwer revidierbar sind. Unglücklicherweise sind das oft auch Entscheidungen, die uns oder unser Unternehmen wirklich in eine nachhaltige Veränderung beziehungsweise Verbesserung führen würden. Denken Sie beispielsweise an die Kündigung des nicht wirklich geliebten Jobs oder an die Festlegung auf eine neue, richtungsweisende Strategie. Immer dann, wenn Erfahrungswissen fehlt, wenn wir Neuland betreten, wird es schwierig. Was nach der nächsten Kurve kommt, sehe ich eben erst, wenn ich loslaufe. Eine Wanderung kann ich mit einer guten Wander-App und mithilfe von GPS auf den Meter genau vorausplanen. Bei Entscheidungen ist das anders, da nicht alle Eventualitäten des nach der Entscheidung liegenden Weges im Voraus bekannt sind und abgewogen werden können.

Welche Fehler sollte man vermeiden, wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen?

Da möchte ich vorschnelle Entscheidungen genauso nennen wie das Hinauszögern von Entscheidungen. Keine Entscheidung zu treffen, ist schließlich auch eine Entscheidung. Wenn ich bei richtungsweisenden und gewichtigen Entscheidungen nicht alle sichtbaren Alternativen beschreibe, nach festgelegten Entscheidungskriterien priorisiere und bewerte, dann ist das fahrlässig.

Was macht eine gute Entscheidung aus?

Eine gute Entscheidung fühlt sich stimmig an, und zwar nach Auswertung aller zur Verfügung stehenden Zahlen, Daten und Fakten genauso wie „im Bauch“. Eine gute Entscheidung hat, in der Rückschau betrachtet, zur Erreichung eines vorher definierten Zieles geführt. Dabei ist klar, dass nicht alle Entscheidungen einen langen Prozess durchlaufen können. Aber zumindest die wichtigsten.

Um gute Entscheidungen zu treffen, kann ich mich bewährter Werkzeuge bedienen. Diese habe ich in einer Artikel-Serie auf meinem Blog ausführlich beschrieben. Lassen Sie mich Ihnen zu jedem Tool eine kurze Zusammenfassung geben:

  • Klassische Entscheidungstools:
    Ich beschreibe die bekannten Alternativen, priorisiere und bewerte Vorteile und Gewinne genauso wie Nachteile und Gefahren. Es geht um Durchdenken, das Abschätzen von Konsequenzen und die Definition von Kriterien. (zum vollständigen Beitrag)
  • Zielklarheit:
    Die besten Werkzeuge, um gute Entscheidungen zu treffen, führen mich nicht wirklich weiter, wenn die zentralen Fragen nicht geklärt sind. Stellen Sie sich also selbst diese Fragen: Wer ich bin und wer ich sein will, wo ich stehe und wo ich hinwill. Das gilt auf persönlicher Ebene wie auch für das gesamte Unternehmen. (zum vollständigen Beitrag)
  • Hören Sie auf Ihr Herz:
    Man könnte auch sagen: Hören Sie auf Ihren Bauch. Beziehen Sie Ihre Intuition mit ein und stimmen Sie Ihre Entscheidung auf jeden Fall mit Ihrem persönlichen Wertefundament ab. (zum vollständigen Beitrag)
  • Schreiben Sie Ihre Grabrede:
    … und stellen Sie Ihre Entscheidung in diesen Kontext Ihrer Grabrede, die eigentlich eine Lebensrede ist. Oder fragen Sie sich, welchen Anteil Furcht, Gier und Faulheit an der favorisierten Alternative haben. (zum vollständigen Beitrag)
  • Suchen Sie den Rat kluger Menschen:
    Aber Vorsicht. Es geht hier nicht um kluge Ratschläge von Menschen, die die Tragweite Ihrer Entscheidungen gar nicht abschätzen können. Es geht um das Hinzuziehen von Experten auf ihrem jeweiligen Gebiet, sofern das sinnvoll ist. Eine Abwandlung davon: Befragen Sie Ihr inneres Team, Ihre inneren Mentoren. (zum vollständigen Beitrag)

Dies klingt einfach! Ist es jedoch nicht schwer, eine gute oder besser noch richtige Entscheidungen zu treffen?

Ich würde es nicht als schwer bezeichnen, eine gute Entscheidung zu treffen. Es ist eben manchmal mühsam, systematisch und professionell vorzugehen. Außerdem kostet es viel Überwindung, immer wieder die eigene Komfortzone zu verlassen. Wer regelmäßig gute Entscheidungen treffen will, braucht Mut, aber vor allem etwas Übung.

Und übrigens, wer bewertet das, was eine gute Entscheidung ist? Das können Sie nur, wenn Sie im Vorhinein Kriterien festgelegt haben, anhand derer Sie den Erfolg einer getroffenen Entscheidung dann im Nachhinein überprüfen. Und das passiert, auch im Unternehmenskontext, nicht immer. Zumindest erlebe ich es immer wieder, dass bei Entscheidungen, die nicht zum gewünschten Ziel führen, das Controlling der Entscheidung schnell zu den Akten gelegt wird.

Wenn allen Beteiligten das Ziel und der Weg zum Ziel klar sind, wenn Kriterien zur Messung der Zielerreichung definiert und auch transparent sind, dann ist es auch leicht, eine getroffene Entscheidung zu bewerten. Und es fällt auch deutlich leichter, eine gute und richtige Entscheidung zu treffen.

Bauchgefühl oder Verstand? Wer trifft bessere Entscheidungen? Auf was sollten wir (eher) hören?

Wir haben beide Instrumente zur Verfügung. Warum sollten wir also nicht auch beide Instrumente nutzen? Aus meiner eigenen Erfahrung heraus hat mich mein Bauchgefühl und meine Intuition selten getäuscht. Wieso also nicht die Intuition zusätzlich in meine Entscheidungs-Toolbox aufnehmen? Und diese auch immer wieder bewusst nutzen?

Können wir es uns antrainieren, leichter beziehungsweise besser richtige Entscheidungen zu treffen?

Wer Höchstleistungen erzielen will, muss (!) trainieren. Ja, das gilt auch für gute Entscheidungen. Ich meine damit: Eignen Sie sich bewährte Werkzeuge an und nutzen Sie jene, mit denen Sie sich wohlfühlen, die zu Ihnen passen. Und zwar so, dass Ihnen diese im Alltag in Fleisch und Blut übergehen. Dann treffen Sie schneller, selbstbewusster und mutiger gute Entscheidungen.

Wie sieht Ihre persönliche Strategie für die richtige Entscheidung aus?

Meine persönliche Strategie für die richtige Entscheidung kann grundsätzlich in fünf Schritte unterteilt werden:

  • Abgleich mit meinem Zielbild
  • Abgleich mit meinem Wertefundament
  • Nutzung klassischer Entscheidungstools
  • Hinzuziehen kluger Ratgeber
  • Auf mein Herz hören. Das heißt, mich auch einmal in Alternativen einer Entscheidung „hinein zu meditieren“.

Auf dem Weg zur stimmigen Entscheidung wende auch ich nicht für jede Entscheidung jeden Schritt an. Vielmehr geht es darum, passend zur Entscheidung die jeweils passenden Schritte anzuwenden.

Können Sie dies in einem Beispiel kurz skizzieren?

Nehmen Sie eine Führungskraft, die vor der Entscheidung steht, welchen persönlichen Weiterbildungsweg sie gehen soll. Um ihre Führungskompetenz zu stärken und die anstehenden Herausforderungen der Digitalisierung optimal zu bewältigen, ist die Führungskraft hin- und hergerissen zwischen den zur Verfügung stehenden Alternativen. Zur Wahl stehen eine zweijährige Fortbildung zum NLP-Practitioner, eine 15-monatige Weiterbildung zum systemischen Coach oder eine umfangreiche Webinar-Reihe mit Abschlussqualifikation als „Digitaler Lotse“.

Wenn die Führungskraft nun weiß, dass sie in fünf Jahren die Funktion des Bereichsleiters Organisationsentwicklung erreicht haben möchte, wird ihr die Bewertung der Alternativen leichter fallen.

Die Führungskraft kann für jede Weiterbildungsalternative sogenannte Muss- und Kann-Kriterien setzen, die diese – bezogen auf ihr Ziel „Bereichsleiter Organisationsentwicklung“ hin – erfüllen muss. Sie kann diese Kriterien priorisieren und bewerten und damit einen Weiterbildungs-Favoriten herausarbeiten.

Ergänzend können Absolventen aller drei Weiterbildungsgänge befragt werden, ob sie diese Fortbildung nochmals besuchen würden und welches Vor- und Nachteile auftraten.

Schließlich könnte die Führungskraft auf ihr Herz hören und sich in die Ziel-Funktion des Bereichsleiters Organisationsentwicklung, ins tägliche Tun in fünf Jahren hineindenken. Wie fühlt sich die Ziel-Stelle auf dem Fundament eines NLP-Practitioner an, wie mit einer systemischen Coaching-Ausbildung und wie als Profi im Thema Digitalisierung?

So kommt die Führungskraft zur für sie persönlich stimmigen Entscheidung. Das muss nicht 100 Prozent Stimmigkeit heißen. Aber hohe Stimmigkeit bei minimierter Unsicherheit.

An welchem Punkte sollte ich beginnen, um mich auf „die Reise zu guten Entscheidungen treffen“ einzulassen?

Da möchte ich noch einmal den für mich zentralen Punkt, den Abgleich mit meinem Zielbild, nennen: Wer bin ich, wo stehe ich und wo möchte ich eigentlich hin? Das ist die eigentliche Gretchenfrage. Zumindest erlebe ich das so in der Begleitung von Unternehmern und Führungskräften. Wenn ich mein Ziel kenne und die Richtung klar vor Augen habe, werden mir viele Entscheidungen mit großer Leichtigkeit von der Hand gehen.

Vielen Dank, Herr Kiefer, für das interessante Gespräch und die hilfreichen Impulse, wie wir richtige und gute Entscheidungen treffen können! Gerade weitreichende und darum schwierige Entscheidungen zu treffen fällt vielen schwer. Von Ihren Tipps, wie gute Entscheidungen funktionieren, können sicher viele Leser lernen.

Das Interview mit Thomas Kiefer führte Oliver Foitzik, Herausgeber des Wirtschafts- und Mittelstandsmagazins AGITANO und Geschäftsführer der FOMACO GmbH.

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Es muss keine Herausforderung sein, langfristig gute Entscheidungen zu treffen: Die Herangehensweise ist das eigentlich Entscheidende. (Bild: © Thomas Kiefer)

Über Thomas Kiefer:

Dass Sie Ihre Zeit weise nutzen, macht sich Thomas Kiefer  gern zur Aufgabe. Wenn Ihr Ressourcen-Einsatz nicht immer die gewünschten Ergebnisse bringt, Sie abends nicht zufrieden mit Ihrer Leistung sind und Sie daran etwas ändern möchten, sind Sie bei Thomas Kiefer richtig. Ob Unternehmen, Teams, Führungskräfte oder Privatpersonen: Nach seiner Tätigkeit als Banker und Unternehmensberater unterstützt er heute als Optimierer und Begleiter Sie dabei, den eigenen Weg zu finden und die dafür nötigen Ziele zu erreichen. Er zeigt Ihnen anhand seiner seit 20 Jahren bewährten Erfolgsprinzipien, wie Sie besser ins Tun kommen und wirksamer werden.

Mehr über Thomas Kiefer auf www.thomas-kiefer.de.

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