„Auch unter den Bedingungen der Komplexität müssen Unternehmen Entscheidungen treffen“

Wie lässt sich trotz steigender Komplexität die Zukunft in Unternehmen planen? Und wie trifft man erfolgreiche Entscheidungen im Innovationsmanagement, wenn Ursache-Wirkungszusammenhänge zunehmend undurchsichtig werden? Diese Fragen beantwortet Andrea Mollenhauer von der mmc AG heute im AGITANO-Interview.

Steigende Komplexität fordert flexible Entscheidungsstrukturen

Hallo Frau Mollenhauer. Wir sprechen immerzu von steigender Komplexität. Worin liegt der Unterschied zur Kompliziertheit?

Der Unterschied liegt in der Bekanntheit des Zusammenhangs von Ursache und Wirkung. Bei komplizierten Sachverhalten kann ich diese durchblicken, denn meistens gibt es für ein Problem eine Ursache. Wenn ich die beseitige, habe ich das Problem gelöst. Wenn z.B. meine Uhr kaputt ist, dann liegt das Problem in der komplizierten Feinmechanik. Ein Zahnrädchen repariert – schon funktioniert sie wieder. Klar – dieses Zahnrädchen muss man erstmal finden, das ist das komplizierte daran. Es ist jedoch nicht unmöglich.

Bei der Komplexität sieht es dagegen anders aus. In komplexen Umwelten haben Wirkungen meist multiple Ursachen. Deshalb ist es so schwierig, Vorhersagen über bestimmte Handlungen oder Ereignisse zu treffen. Ein Beispiel sind die Finanzmärkte: Worauf sie wie reagieren ist kaum vorherzusagen.

Und was bedeutet diese Komplexität für die Planungshorizonte in Unternehmen?

Unternehmen müssen ja auch unter komplexen Bedingungen Entscheidungen treffen. Oft begehen sie aber den Fehler, bei Innovationsprojekten mit dem gleichen Planungsansatz wie in traditionellen Geschäften vorzugehen. So verschwenden zahlreiche aufwändige Planungsrunden Zeit und Geld. Das führt zu Frustration, weil es keinen Erkenntnisgewinn gibt.

Können Innovationen dann überhaupt geplant werden?

Ja, das müssen sie sogar! Wichtig ist aber, dass die Komplexität anerkannt wird. Unvorhersehbare Ereignisse müssen als Fakten anerkannt werden und als Variablen in den Planungsprozess einfließen.

Worauf müssen Unternehmen bei der Planung unter den Voraussetzungen der steigenden Komplexität achten?

Verschiedene Vorgehensweisen und Methoden helfen dabei, trotz Komplexität gute Entscheidungen zu treffen. Auch eine dezentrale Unternehmensstruktur ist hilfreich: Denn wenn eigenverantwortlich vor Ort Entscheidungen getroffen werden hat das einige Vorteile. Zum einen sind Entscheidungen schneller möglich. Zum anderen sind die Rahmenbedingungen besser bekannt. Dafür brauchen Unternehmen ein gutes Vertrauensklima: Die Mitarbeiter müssen Eigenverantwortung tragen und den Rückhalt der Unternehmensspitze haben.

Die Anwendung agiler Methoden reduziert ebenfalls Fehlentscheidungen. Das iterative Vorgehen ermöglicht die schrittweise Anpassung und schnelle Modifizierung, falls sich Rahmenbedingungen ändern. Das Prinzip „Always Beta“ sorgt dafür, dass Dienstleistungen und Produkte sich schnell anpassen lassen.

Generell gilt: Unternehmen brauchen eine offene und transparente Fehlerkultur, in der es keine Schande ist, über Misserfolge zu sprechen. Denn nur so lassen sich diese künftig vermeiden oder zumindest reduzieren.

Liebe Frau Mollenhauer, vielen Dank für das interessante Gespräch.

Das Interview mit Andrea Mollenhauer, Managing Partner der mmc AG führte Dr. Katja Heumader, Redakteurin AGITANO.

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