… aus der neuen zweiwöchentlichen Themenserie „Global Management: Ein Tanz mit den Eisbergen“ mit der zertifizierten Wirtschaftsmediatorin und Speaker zu internationalen Führungsthemen, Barbara Wietasch. Nachdem Sie zum Start der Reihe mehr über die größten Irrtümer in puncto internationale Teamarbeit erfahren haben, geht es heute um die Frage, warum die Kommunikation in internationale agierenden Teams nicht besser funktioniert – und das, obwohl wir doch „alle Englisch sprechen!?“.–
„Wer heute in einer Position in einem internationalen Konzern oder in einem grenzüberschreitenden Projekt arbeitet, kann selbstverständlich Englisch“. Diese unausgesprochene Erwartung herrscht in vielen Unternehmen vor. Ein Mythos! Das zeigt sich spätestens bei den ersten zögerlichen Antworten per E-Mail, in der ersten Telko oder beim Meeting mit Teilnehmern aus unterschiedlichen Ländern.
Stolpersteine in Meetings – ein Glück, dass die Unternehmen große Budgets haben!?
Der Verantwortliche eines internationalen Projekts berichtet mir, dass der Top-Entscheider des Kunden in einem Kick-Off-Meeting immer wieder zustimmte: „Yes, I the same“. Nach dem mühsamen Arbeitstag kam dann das böse Erwachen: Der General Manager hatte fast nichts verstanden und stellte das gesamte Ergebnis der Sitzung infrage. Ein Einzelfall? Kaum!
Meine eigene Erfahrung in internationalen Projekten oder auch in Seminaren hat mich gelehrt: Natürlich sprechen alle Teammitglieder „irgendwie“ Englisch. Viele Teammitglieder sprechen es jedoch nicht wirklich „fließend“ oder „verhandlungssicher“ – oder was immer sie in ihrer Not in Unternehmen behaupten müssen, die Englisch zur Konzernsprache erklärt haben. Am leichtesten geht es, wenn alle Englisch als Zweitsprache einsetzen. Es wird mehr darauf geachtet, ob der andere wirklich verstanden hat, was gemeint wird. Es werden einfachere Worte benutzt und ein dahin gefetzter Dialekt eines Native, der oft nur Englisch sprechen kann, kommt gar nicht erst auf.
Stolpersteine in der Team-Kommunikation – ein Glück, dass wir Englisch als gemeinsame Stützsprache nutzen!?
Es kommt schnell zu Missverständnissen: Oft denken Native Speaker, es sei alles klar, während die Englisch-Fremdsprachler rätseln, was gemeint und beschlossen wurde.
Es kommt zu einem Ungleichgewicht: Muttersprachler dominieren die Diskussion, unabhängig davon, ob sie sachlich-fachlich kompetent sind.
Es entwickeln sich informelle Kommunikations-Kanäle, um sich über das Geschehen ohne Gesichtsverlust auszutauschen. Diese Kanäle und die dort ausgetauschten Botschaften entwickeln oftmals ein Eigenleben.
Interkulturelle Probleme werden verstärkt: Unterschiedliche Auffassungen darüber, wie Aufgaben anzugehen sind, wie man miteinander reden und arbeiten sollte, werden von Sprachproblemen überlagert. Folge: Die Probleme schaukeln sich hoch, es gibt „die da“ auf der anderen Seite des Atlantiks oder „die da“, die Bedenkenträger aus Europa. Ja, und Schuld, sind immer die anderen
Hier einige Gedanken zur Lösung:
Tipp 1: Durchbrechen Sie den Mythos „Englisch kann doch jeder!?“. Sprechen Sie das Thema offen an – durchbrechen Sie ganz bewusst den Mythos, dass ja „alle Englisch sprechen“.
Tipp 2: Sensibilisieren Sie Muttersprachler! Wechseln Sie ab und zu in eine andere Sprache, so dass jeder in die Situation kommt, nicht Native Speaker zu sein.
Tipp 3: Schulen Sie Englisch! Irgendwann werden bestehende Englischkurse aus dem Schulungsprogramm gestrichen und leben nie wieder auf. Stellen Sie diese Notwendigkeit in der Vordergrund.
Tipp 4: Sorgen Sie für ein Klima der Offenheit und Rücksichtnahme! Spielregeln, zum Beispiel langsam sprechen, nachfragen und der Aufbau von persönlichen Beziehungen sind besonders wichtig.
Tipp 5: Schaffen Sie optimale virtuelle Kommunikationsmöglichkeiten! Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, sorgen Sie dafür, dass die Teilnehmer sich sehen können, übertragen Sie Produkt- oder Werkzeug-Bilder, Darstellungen oder Skizzen.
Jeder zweite Personaler wünscht sich Sprachtrainings
In meiner Studie „Internationale Personal-Maßnahmen und erfolgreiche Umsetzung der Unternehmensstrategie“ (PDF) wurden 69 Führungskräfte international agierender Unternehmen befragt, um unter anderem herauszufinden, wie Sprachdifferenzen überwunden werden.
Ein Ergebnis: Die Hälfte der Befragten aus dem Personalbereich sagt, sie würden Sprachtrainings beziehungsweise sprachliche Unterstützung organisieren und einkaufen. Doch werden diese Bemühungen von den Fachabteilungen ganz anders wahrgenommen.–
Lesen Sie hier den vorangegangenen Beitrag:
– „Internationale Teamarbeit: die größten Irrtümer“–
Über Barbara Wietasch:
Barbara Wietasch ist Sprachwissenschaftlerin, Organisationsentwicklerin (MAS), zertifizierte Wirtschaftsmediatorin und Speaker zu internationalen Führungsthemen sowie Lektorin an einer internationalen Business School in Wien. Von Ihrer frühesten Jugend an haben andere Länder und andere Sitten sie begeistert, ebenso Ihr Wissen an andere weiterzugeben. Profitieren Sie von ihrem großen Wissen als Praktikerin und Expertin und erschließen Sie für sich und Ihr Unternehmen die Schätze aus der internationalen beziehungsweis globalen Zusammenarbeit. Ihre Trainings- und Beratungssprachen sind deutsch, englisch und spanisch.
Mehr über Barbara Wietasch im Internet auf www.internationaldynamics.de.–
Das Buch zum Thema:
Barbara Wietasch
Global Management: ein Tanz mit den Eisbergen
Klarkommen mit fremden Welten oder: Warum ein Auslandsknigge Sie nicht weiterbringt
Linde Verlag (2012) ISBN 978-3-7093-0345-0
24,90 € – Hardcover (auch als e-book und Hörbuch in ungekürzter Version erhältlich)
Global Management: Dancing with Icebergs
How to get along in multicultural business – Why you need more than an etiquette guide
Books on Demand (2014) ISBN 978-3-7357-9226-6
21,90 € Taschenbuch (auch als e-book erhältlich)