Gender Dialog: Wie Frauen und Männer wirklich erfolgreich zusammenarbeiten!

Die Zusammenarbeit zwischen Frauen und Männer im Arbeitsalltag ist nach wie vor mit einigen Herausforderungen geprägt. Beide Geschlechter pflegen unterschiedliche Verhaltens- und Kommunikationsweisen. Dies kann zu Missverständnissen und anderweitigen Kommunikationspannen führen. Wir haben zum Thema Gender Dialog mit Katrin Seifarth – Trainerin, Coach und Autorin – gesprochen. Sie erklärt in anschaulicher Weise, wie man die Kommunikation im Alltag richtig führt, die Stärken des jeweils anderen Geschlechts in den Fokus setzt und wie ein konfliktfreieres Miteinander geschaffen werden kann. Sie können Katrin Seifarth auch beim 6. FEMINESS BUSINESS KONGRESS 2016 live erleben.

Interview mit Katrin Seifarth zu Gender Dialog und Kommunikation zwischen Frauen und Männer

Frau Seifarth, der Schwerpunkt Ihres Vortrags auf dem 6. FEMINESS BUSINESS KONGRESS 2016 ist die Kommunikation und die Zusammenarbeit der Geschlechter – also Frauen und Männer – im Geschäftsleben. Warum ist dieses Thema von so großer Relevanz für Unternehmen?

Weil viele Unternehmen zum einen das Potenzial der weiblichen Mitarbeiter brach liegen lassen und diese sogar oft langfristig verlieren. Zum anderen wären viele zeitraubende Konflikte vermeidbar, wenn BEIDE Geschlechter für die Verhaltensweisen des jeweils anderen stärker sensibilisiert wären. Frauen zu „Kampfmaschinen“ zu machen, was häufig in der Literatur gefördert wird, ist keine wirkliche und somit auch keine nachhaltige Lösung.

Was bedeutet Gender Diversity und was kann man sich darunter vorstellen?

Es gibt eine offizielle Definition, die kann jeder für sich nachlesen. Für mich bedeutet es, die Verschiedenheit der Geschlechter in ihren Verhaltens- und Kommunikationsweisen zu erkennen, zu respektieren und zu nutzen. Das bedeutet, das eigene Verhalten auch anzupassen und der Verschiedenheit der Geschlechter durch die Gestaltung von Abläufen und Prozessen Rechnung zu tragen, zum Beispiel in Meetings. Denn nur ein Unternehmen, das Gender Diversity wirklich kulturell lebt, erreicht auch bessere Geschäftsergebnisse. Das belegen zahlreiche Studien.

Worauf kommt es bei Gender Diversity beziehungsweise im Gender Dialog an?

In meinen Augen kommt es darauf an, BEIDE Seite zu verstehen, anstatt Frauennetzwerke in den Unternehmen zu gründen und Frauenförderung zu betreiben. Es darf nicht eine Kultur von „Wir sind in einer Männerwelt und zeigen den Frauen, wie sie sich anpassen“ entstehen, sondern es muss eine Kultur geschaffen und gelebt werden, in der BEIDE Geschlechter die Verhaltens- und Kommunikationsweisen des jeweils anderen wertschätzend wahrnehmen, verstehen und ihr Verhalten entsprechend anpassen. Und es darf auch keine Kultur entstehen, in der eine Seite immer wieder versucht, der anderen zu beweisen, wer smarter ist. Wenn zum Beispiel eine männliche Führungskraft gerne mal auf den Tisch haut, muss dieses Verhalten für eine weibliche Führungskraft nicht zwangsweise passend sein. Sie hat andere Wege, sich durchzusetzen.

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Katrin Seifarth empfiehlt beim Gender Dialog, die Vorteile aus der unterschiedlichen Kommunikation beider Geschlechter gezielt zu nutzen und positiv einzusetzen. (Bild: © Sabine Antonius)

Wie sollte eine Diversity Management Strategie seitens der Unternehmen Ihrer Meinung nach aussehen und aufgebaut sein?

Zunächst einmal sollte die Diversity Managmenet Strategie auf einem Grundwert aufbauen, der „Wertschätzung“ lautet. Es muss zunächst dafür sensibilisiert werden, welche Kommunikations- und Verhaltensunterschiede bestehen, und dass es kein „Besser“ und kein „Schlechter“ gibt. Dann sollten Mitarbeiter gemeinsam überlegen, wie sie die Stärken des jeweils anderen Geschlechts in ihrer Organisation besser nutzen können, zum Beispiel seinen Lösungsfokus und ihr Frühwarnsystem. Denn beides brauchen wir, um vorwärts zu kommen und dabei möglichst wenig Zeit durch Pannen zu verlieren.

Wo sehen Sie in den deutschen Unternehmen Verbesserungspotenzial, vor allem bezogen auf die Unternehmenskultur?

Gerade einige deutsche Unternehmen setzen noch auf sehr starre Hierarchien und sehr spezialisierte Jobbeschreibungen. Vorgesetzte beschränken Mitarbeiter oft durch starre Vorgaben in deren Eigenverantwortung. Männer akzeptieren es oft eher, sich hier einzuordnen. Frauen langweilt diese Art des Arbeitens. Sie brauchen mehr Vielfalt und Gestaltungsspielraum. Leider haben viel zu viele Chefs Angst vor eigenständigen Mitarbeitern. In der Generation Y fällt dieser Unterschied zwischen den Geschlechtern übrigens viel kleiner aus. Diese Generation fordert zunehmend eigenverantwortlicheres und gestalterisches Arbeiten. Zum Glück beschleunigt diese Generation den nötigen Kulturwandel, auch in Unternehmen, leider oft sehr zum Leidwesen der hierarchieliebenden Bosse.

Was sind klassische Konfliktsituationen im Gender Dialog zwischen Männer und Frauen?

Da gibt es sehr viele – nicht nur Konflikte, sondern auch brach liegende Potenziale. Um nur zwei zu nennen: Frauen gehen in Meetings oft unter, weil sie in der Schweigefalle enden. Und da Mann nicht gerne Fragen stellt, aus Angst unwissend da zu stehen, holt er sie aus dieser Falle auch nicht heraus. Sie ist dann frustriert und bringt ihren wertvollen Input nicht auf den Tisch. Dieser verpufft schlichtweg. Sie empfindet hingegen seine klaren Ansagen oft als zu schroff. Dabei ist er nur sehr zielfokussiert, will den Kurs nicht verlieren. Und auch bei kritischem Feedback formuliert sie das für seine Ohren zu weich und zu kompliziert. Und er formuliert es für ihre Ohren zu hart. Und schon haben wir Verwirrung bei ihm oder Rückzug bei ihr.

Wie kommt es dazu?

Er ist zielfokussierter und hat den typischen Tunnelblick. Außerdem hat er von Kindesbeinen an Anführerspiele gespielt, in denen Hierarchien ganz normal waren. Sie ist mehr beziehungsorientiert und legt viel Wert auf ein gutes Verhältnis. Sie hat oft gelernt, Sorgen und Probleme zu thematisieren. Wir brauchen im Geschäftskontext beide Fähigkeiten. Wir brauchen eine klare Zielfokussierung und ab und zu auch mal die klare Ansage des Vorgesetzten. Zugleich benötigen wir ihre Fähigkeiten, Probleme frühzeitig zu erkennen und für ein gutes Miteinander zu sorgen. Denn dann haben wir Teams, die ihre Ergebnisse erreichen und das auch noch mit Spaß.

Wie können Mann und Frau diese entschärfen beziehungsweise – im Idealfall – gar nicht erst entstehen lassen?

In erster Linie müssen wir aufhören, stupide Frauenförderung zu betreiben. Denn das nervt beide Geschlechter. Wir müssen einfach nur lernen, das ER anders ist als SIE. Und das erleben wir im privaten Kontext ja auch oft genug. Gegenpole ziehen sich an und haben auch ihre Themen miteinander. Wenn wir beginnen, die Stärken des jeweils anderen zu sehen und die positiven Absichten hinter seiner beziehungsweise ihrer Kommunikation zu verstehen, sind wir schon mehr als den halben Weg gegangen. Wir müssen raus aus der Verurteilung des anderen, hin zu mehr Verständnis für die Verhaltensweisen. Und dann sollten wir sämtliche Prozesse so bauen, dass beiden Seiten Rechnung getragen wird. Zum Beispiel sollte ein Mitarbeiterbeurteilungssystem so gestaltet sein, dass sowohl das erreichte Ergebnis als auch der „Wohlfühlfaktor“ bewertet werden. Und es sollte zudem belohnt werden, wenn jemand Probleme vermeidet, anstatt sie zu lösen.

Welche Bedeutung kommt der Kommunikation in diesen Situationen zu?

Wie in allen Situationen kommt der Kommunikation eine hohe Bedeutung zu. Ich gehe mal davon aus, dass wir alle den anderen nicht verletzen oder nerven wollen. Aber wenn wir unser Weltbild als das allein selig machende ansehen und dieses versuchen, dem anderen überzustülpen, dann wird es Zeit, etwas zu ändern. Nur durch Kommunikation können wir herausfinden, wer wie tickt und nur wenn wir anders kommunizieren, können wir andere Ergebnisse bekommen. Es fängt also – immer, immer, immer – bei unserer eigenen Kommunikation und unserem eigenen Verhalten an.

Wie sollte eine zielführende, konfliktvermeidende Kommunikation aussehen?

Konflikte müssen in meinen Augen nicht vermieden werden, denn manchmal bringen sie auch Beziehungen auf die nächsthöhere Ebene. Ich möchte es zielführende Kommunikation nennen. Und die sieht so aus, dass beide Seiten mehr Fragen stellen müssen, um die Position des jeweils anderen zu verstehen. Vor allem W-Fragen helfen uns da sehr weiter, wie zum Beispiel „Was denkst du dazu?“, „Wie stellst du dir das weitere Vorgehen vor?“ et cetera. Und eine Wortkombination sollten wir komplett aus unserem Wortschatz streichen: das „Ja, aber“. Denn das bedeutet nichts anderes als: „Du redest Müll, mein Punkt ist richtig.“

Haben Sie ein paar praktische Tipps für unsere Leserinnen und Leser, die sie sofort umsetzen können?

Die typische Hausaufgabe, die ich Männern mitgebe ist, Frauen mehr W-Fragen zu stellen, um deren Meinungen, Gedanken und Standpunkte zu erfragen. Oft äußern Frauen diese nämlich nicht von selbst. Und Frauen gebe ich oft die Aufgabe mit, klarer zu artikulieren, was sie wollen, anstatt es allen recht machen zu wollen. Dies sind aber nur zwei kleine Dinge. Letztlich geht es im Großen und Ganzen darum, den anderen besser zu verstehen und ihm wohlwollender und mit mehr Wertschätzung gegenüber zu treten. Wenn wir wissen, dass kein Verhalten böse gemeint ist, sind wir oft schon einen großen Schritt weiter.

Katrin Seifarth, Kommunikation, Gender Dialog, Gender Diversity
Katrin Seifarth ist Trainerin, Coach und Autorin und hat sich auf Kommunikation spezialisiert. Vor allem liegt ihr das Thema Gender Dialog am Herzen. (Bild: © Sabine Antonius)

Vielen Dank für das kurzweilige Gespräch. Sie haben uns ein paar sehr gute Einblicke in das Thema Gender Dialog und die Kommunikation zwischen Frauen und Männer, gerade im Arbeitsalltag, gegeben. Das Thema beschäftigt aus meiner Sicht viele Unternehmen. Ich hoffe, das unsere Leser/inner hier einiges für sich mitnehmen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim 6. FEMINESS BUSINESS KONGRESS 2016 und tolle Gespräche.

Das Interview führte Oliver Foitzik, Geschäftsführer der FOMACO GmbH und Herausgeber des Wirtschafts- und Mittelstandsmagazins AGITANO.

Über Katrin Seifarth

Katrin Seifarth ist Business Coach und Trainerin. Sie blickt auf über 20 Jahre Berufserfahrung als Managerin und als Trainerin und Coach zurück. Ihr Kernthema „Kommunikation“ findet sich in Präsentationstrainings sowie in Seminaren zu Verhandlungs- und Konfliktmanagement sowie in Führungskräftetrainings wieder. Einen besonderen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit setzt sie auf die Kommunikation zwischen Frauen und Männern. Dabei kommt ihr ihre langjährige Coaching-Erfahrung mit Frauen und Müttern sowie ihre familiäre Situation als Mutter von zwei Söhnen zugute.

6. FEMINESS BUSINESS KONGRESS 2016 in Düsseldorf

Unter dem Motto “Sei die, die du bist“ findet am Samstag, 19. November 2016, der 6. Feminess Business Kongress, DAS Business-Event für weibliches Unternehmertum, im Hotel InterContinental in Düsseldorf statt. Marina Friess lädt als Veranstalterin erfolgsorientierte Frauen zu einem Tag voller Impulse, Inspirationen und Netzwerken ein.

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?