… aus der wöchentlichen Kolumne „QUERGEDACHT & QUERGEWORTET – Das Wort zum Freitag“ von Ulrich B Wagner. Nach „Feministisches Sprachhandeln… oder auf blöd deutsch gesagt“ folgt heute: „Lärme mich … Oder über die Kakofonie der Einfältigkeit“.
Und der Mensch, dieser gescheite Kopf, ist gleichsam schlaflos geworden, um immer neue Mittel zu erfinden, um den Lärm zu verstärken und mit größtmöglicher Hast und im größtmöglichen Maßstab den Krach und das Nichtssagende zu verbreiten.
Sören Kierkegard
Lärm ist das Markenzeichen unserer Zeit.
Roman Polanski
Lärm beweist gar nichts. Eine Henne, die ein Ei gelegt hat, gackert, als sei es ein Planet.
Marc Twain
Lärm nervt und macht krank
An alles kann man sich angeblich gewöhnen. An Lärm jedoch nicht. Am Mittwoch dieser Woche fand der 17te internationale Tag gegen Lärm – International Noise Awareness Day statt! Das Motto lautete dieses Jahr: „Die Ruhe weg.“
Das Lärm krank macht, ist hinlänglich bekannt und nichts destotrotz scheuen wir moderne Menschen mehr als die Stille. Wieso eigentlich?
Stille hinterlässt irgendwie auch eine Leere und wo eh schon zu viel davon da ist. Tja, dann …
Es war der deutsche Hörspielautor und Lyriker Hans Kasper, der diesbezüglich auch den legendären Satz prägte: Leere Hirne gedürsten nach Lärm.
Also beschallen wir erst einmal alles. Lärm ist überall. Er begleitet uns von Kindesbeinen an. Er nervt nicht nur, sondern macht auch krank. Lärm verursacht nicht nur Bluthochdruck und löst damit in der Folge nicht nur Herzinfarkte und Schlaganfälle aus, sondern führt auch langfristig zu schweren psychischen Problemen. Unser Körper reagiert auf Lärm mit der Ausschüttung der Stresshormone Noradrenalin und Cortisol, was in der Folge nicht nur zu den oben beschriebenen Erkrankungen führt, sondern mit einer der Hauptauslöser für Depressionen und krankhaften Schlafstörungen angesehen werden muss. Von Konzentrationsschwäche, Gereiztheit und Nervosität ganz zu Schweigen.
Wo ist der stille Ort
Doch anders herum gefragt: Gibt es sie heutzutage eigentlich noch die stillen Orte? Freie offene Räume und Plätze, ohne Dauerbeschallung und sonstiger Lärmbelästigung? In einer Welt in der sogar die ehemals „stillen Orte“ mit psychodelischen Klängen beschallt werden, muss jeder einzelne von uns tagtäglich aktiv für seine Stille todesmutig, eins ums andre mal kämpfen.
Dieser Kampf hat schon ein wenig etwas von Don Quichotte. Es ist manchmal auch ein sehr einsamer Kampf am Rande des Wahnsinns. Stille Orte sind nicht nur rar, sondern sehr fragil, da sie von allen Ecken und Enden von Lärmverschmutzung bedroht sind.
Ruhe und Stille in der lauten Welt
Doch nichts anderes auf dieser Welt benötigen wir „modernen“ Menschen mehr als Ruhe und Stille. Nichts ist unserer Gesundheit förderlicher, lässt uns ausgeglichener und sensibler sein. Neue Gedanken kommen an diesen Orten wie von Geisterhand. Es lässt uns auch uns selbst und unseren Körper von einer ganz anderen Seite fühlen und wahrnehmen.
Stille kann man fühlen wie ein Blatt im Wind. Stille ist leicht und zärtlich.
Stille umschmiegt uns und unsere Seelen wie Samt.
Stille ist in der heutigen Zeit ein Luxus. Aber jeder Einzelne von uns hat es sich verdient.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen mehr Mut zur Lautlosigkeit.
Ihr
Ulrich B Wagner
Über Ulrich B Wagner
Ulrich B Wagner (Jahrgang 1967) ist Diplom-Soziologe, Psychologe, Schriftsteller und Kolumnist. Sein Studium der Soziologie, Psychologie & Rechtswissenschaften absolvierte er an der Johann Wolfgang von Goethe Universität, Frankfurt am Main. Zusammen mit Professor Karl-Otto Hondrich arbeitete er am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften an einer Reihe von Forschungsprojekten zum Thema „Sozialer und kultureller Wandel“.
Ulrich B Wagner ist Dozent an der european school of design in Frankfurt am Main mit dem Schwerpunkt Kommunikationstheorie, Werbe- und Konsumentenpsychologie, sowie Soziologie und kultureller Wandel und arbeitet als Berater sowie systemischer Coach mit den Schwerpunkten Business- und Personal Coaching, Kommunikation und Konzeptentwicklung, Begleitung von Veränderungsprozessen und hält regelmäßig Vorträge und Seminare.
Zu erreichen: via Mail ulrich@ulrichbwagner.de, via Xing und Facebook (Ulrich B Wagner).