Mein Arbeitsplatz zwischen Melonen und Papayas

Sitzen Sie schon zwischen frischen Obstkörben und Smoothies? Erhalten Sie Yoga-Kurse in der Mittagspause? Nein? Dann wird es langsam Zeit! Unsere Arbeitswelt ist hektisch und anstrengend, weshalb ein angenehmer Arbeitsplatz umso wichtiger ist. Auf der Corporate Health Convention, am 11.05.2016 von 14:00 Uhr bis 15:00 Uhr, präsentiert Hannah Frey einen typischen Tagesablauf eines Büroangestellten. Einen Überblick über die Gesundheitsfallen, die hinter jeder Ecke auf uns lauern, verschafft sie uns in diesem Interview.

Hannah Frey über Smoothies am Arbeitsplatz

Hallo Frau Frey, was halten Sie vom durchschnittlichen deutschen Arbeitsplatz?

Hallo Herr Foitzik! Das lässt sich pauschal schlecht beantworten, denn die Arbeitsbedingungen sehen an jedem Arbeitsplatz und in jeder Branche anders aus. Am typischen Büro-Arbeitsplatz gibt es in den meisten Fällen aber viel Verbesserungspotenzial. Das fängt schon bei der Arbeitsplatzgestaltung an: Schreibtisch, Stuhl, Bildschirm, Tastatur und Maus sollten an die Körpergröße des Nutzers angepasst sein. Denn nur an einem ergonomisch gestalteten Arbeitsplatz ist ein beschwerdefreies und produktives Arbeiten möglich. Wenn wir uns einen Mietwagen ausleihen, stellen wir ja auch als erstes den Sitz, die Seitenspiegel und den Rückspiegel richtig ein. An einem neuen Arbeitsplatz achtet aber kaum jemand darauf, ihn erst einmal an die eigene Körpergröße anzupassen – oft gibt dies das Equipment aber auch gar nicht erst her, weil Monitore und Schreibtische beispielsweise gar nicht verstellt werden können.

Was sind die drei größten Gesundheitsfallen für den klassischen Büroangestellten?

Zu wenig Bewegung im Arbeitsalltag aufgrund der sitzenden Tätigkeit, eine ungesunde Ernährung und zu viel Stress, der viele verschiedene Ursachen haben kann.

Worin liegen die Hauptaufgaben des Arbeitgebers, um ein gesundes Arbeitsumfeld zu schaffen?

Am wichtigsten ist meiner Meinung nach, dass der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern zeigt: Ich kümmere mich um euch, ihr seid mir wichtig, ich möchte, dass ihr zufrieden seid und euch wohl fühlt. Mitarbeiter sind die wichtigste Ressource eines jeden Unternehmens und das sollte der Arbeitgeber auch signalisieren. Wer Anerkennung erhält, geht gerne zur Arbeit. Konkret kann dies auch durch kleine Maßnahmen umgesetzt werden: So kann der Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung beispielsweise in der Mittagspause einen Yoga-Kurs anbieten, deren Kosten er übernimmt. Auch beliebt sind derzeit Obstkörbe oder frische Smoothies für die Mitarbeiter. Die Kosten halten sich hier in Grenzen, der Arbeitgeber zeigt aber, dass ihm seine Angestellten wichtig sind und er sich um ihre Gesundheit kümmert. Ideal ist es aber natürlich, wenn nicht nur punktuelle Einzelmaßnahmen ergriffen werden, sondern der Betrieb auf ein umfassendes betriebliches Gesundheitsmanagement setzt.

Wie kann der Arbeitnehmer selbst die eigenen Arbeitsbedingungen verbessern?

Da gibt es sehr viele Möglichkeiten. Meist sind es die kleinen Interventionen, die am meisten Nutzen bringen. Wer viel sitzt, sollte versuchen, sich so oft es geht zu bewegen. So kann beispielsweise statt dem Aufzug öfter die Treppe genommen werden – der Klassiker. Wem der Weg zu weit ist, weil er im 8. Stock arbeitet, nimmt einfach den Aufzug bis in die 6. oder 7. Etage und geht den Rest zu Fuß. Statt eine E-Mail an den Kollegen zu schreiben, der drei Büros weiter sitzt, oder zum Telefonhörer zu greifen, kann man kurz rübergehen. Die Post kann man selbst am Empfang abholen, statt sie sich bringen zu lassen. Auch kleine Bewegungsübungen kann man immer wieder zwischendurch einbauen. Wichtig ist, egal, ob auf die Bewegung, die Ernährung am Arbeitsplatz oder den Stress bezogen, dass man die Verantwortung an den Arbeitgeber nicht komplett abgibt, sondern sich bewusstmacht, dass man in erster Linie selbst für seine Gesundheit verantwortlich ist – und dann gegebenenfalls auch vom Arbeitgeber einfordern muss, dass sich Strukturen oder Abläufe ändern müssen, wenn man selbst an seine Grenzen kommt.

Wie beeinflusst das Freizeitverhalten unsere Arbeitsbedingungen?

Sehr. Wer beispielsweise im Büro arbeitet oder eine andere sitzende Tätigkeit ausübt und auch in seiner Freizeit nur wenig Bewegung hat, ist im Arbeitsalltag meist weniger leistungsfähig als jemand, der sich in seiner Freizeit viel bewegt und regelmäßig Sport macht.

Wie sieht die optimale Ernährungsgestaltung während der Arbeitszeit aus?

Wenn der Hunger groß, aber die Zeit knapp ist, greifen viele Menschen in der Mittagspause auf Ungesundes zurück. Die Klassiker sind belegte Brötchen vom Bäcker nebenan, die Pizza vom Lieferdienst oder das Schnitzel aus der Kantine. Anschließend folgen dann nicht selten ein Stück Kuchen oder andere Süßigkeiten am Nachmittag. Das Leistungstief ist dann schon vorbereitet. Am besten ist es, wenn man schon vor der Mittagspause weiß, was man isst, also bevor man hungrig wird. Entweder, weil man sein Essen schon vorbereitet und von zu Hause mitgebracht hat, oder weil man sich bereits für ein gesundes Gericht entschieden hat, das es in der Kantine oder im Restaurant gibt. Grundsätzlich ist bei der Auswahl des Essens eine ausgewogene Mischung entscheidend. Das perfekte Mittagessen besteht zu einem Drittel aus frischem Gemüse, das am besten roh ist oder nur kurz gegart wurde. Zu einem weiteren Drittel sollte das Mittagessen aus komplexen Kohlenhydraten als Sättigungsbeilage bestehen. Das letzte Drittel sollte aus Eiweiß beziehungsweise Proteinen bestehen. Diese muss nicht immer tierischer Herkunft sein. Neben Fleisch, Fisch und Käse kommen auch Hülsenfrüchte oder daraus hergestellte Nahrungsmittel wie Tofu in Frage. Auch wer Fleisch und Fisch isst, sollte ab und an zum vegetarischen Menü greifen, denn dieses ist oftmals – aber nicht immer – gesünder.

Frau Frey, vielen Dank für das Gespräch und viel Spaß auf der Corporate Health Convention 2016.

Das Interview führte Oliver Foitzik, Gründer der FOMACO GmbH und Herausgeber des Wirtschafts- und Mittelstandsmagazins AGITANO.

 

Über Hannah Frey

Arbeitsplatz, BGM, Gesundheitsmanagement
Yoga-Kurse oder Smoothies und Obstkörbe sind ein erster Anfang für die betriebliche Gesundheitsförderung. (© Franzi Schädel)

Gesundheitswissenschaftlerin Hannah Frey ist Beraterin für betriebliches Gesundheitsmanagement und entwickelt Strategien für gesunde Arbeitsbedingungen in Unternehmen. Für privat Interessierte bloggt sie zwei- bis dreimal pro Woche auf projekt-gesund-leben.de über alles rund um das Thema Gesundheit – vor allem zu den Schwerpunkten Ernährung, Bewegung und Entspannung. Hannah Frey ist außerdem Autorin und hat bisher vier Gesundheitsratgeber veröffentlicht

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