„Neue Technologietrends machen Kfz-Reparaturen zur Herausforderung“ – Interview mit Felix Neresheimer von Car Technology & Concepts

Der Fortschritt digitaler Technologien ist in der Automobilbranche besonders präsent. Virtual Cockpits, intelligente Fahrassistenz und Asynchronmotoren sind nur ein paar der Innovationen, die Fahrern das Leben in Zukunft komfortabler machen sollen. Die fortschreitende Entwicklung geht aber auch mit einer steigenden Komplexität der Kfz-Elektronik und mit wachsenden Herausforderungen für Reparaturdienstleister einher. Wir haben uns mit Felix Neresheimer (FN) von Car Technology & Concepts darüber unterhalten, wie sich die Reparaturbranche aktuell entwickelt, welchen Herausforderungen er bei seiner täglichen Arbeit begegnet und welche Defekte am häufigsten auftreten.

„Ich erkannte schnell, welche Einsparpotenziale es bei der Reparatur elektronischer Kfz-Komponenten gibt“ – Interview mit Felix Neresheimer von Car Technology & Concept

Guten Tag Herr Neresheimer, wir freuen uns, Sie bei uns begrüßen zu dürfen. Ehe wir uns näher über die aktuellen Entwicklungen in den Bereichen Kfz-Elektronik und Reparatur unterhalten, werfen wir zunächst einen Blick zurück. Wie kam es zur Gründung Ihres Unternehmens?

Felix Neresheimer: Die Car Technology & Concepts, kurz CTC, wurde 1997 gegründet. Ich hatte damals elektronische Probleme an einem eigenen Fahrzeug, als Student wenig Geld und war einigermaßen entsetzt, als ich den Kostenvoranschlag meiner Werkstatt für die Reparatur meines Kombi-Instruments hörte. Bevor ich einen vierstelligen Betrag für den Einbau eines Neuteils bezahlen würde, dachte ich mir damals, zerlege ich das Gerät lieber selbst und mache mich auf die Suche nach dem Fehler. Technisches Verständnis hatte ich schon immer und so gelang es mir, den defekten Schrittmotor des Drehzahlmessers mit geringem Aufwand selbst in Stand zu setzen.

Investiert hatte ich eine Stunde Arbeit und Material im Wert von damals 20 D-Mark. Im Laufe der Zeit hatten dann immer wieder Freunde und Bekannte Probleme an der Elektronik ihrer Fahrzeuge und so begann ich, mich intensiver mit der Materie zu beschäftigen. Mir war klar geworden, welch enormes Einsparpotenzial bei der Reparatur elektronischer Kfz-Komponenten besteht. Was zunächst mit Kombi-Instrumenten begann, weitete sich im Laufe der Jahre auf verschiedene Arten von Steuergeräten, Navigationssystemen und weiteren Komponenten aus. Das führte 1997 schließlich zur Gründung des Unternehmens. Heute reparieren wir bei uns im Haus eine Vielzahl von elektronischen Komponenten moderner Fahrzeuge.

Welche Leistungen bieten Sie an?

FN: Wir bieten unseren Kunden ein breites Spektrum an Dienstleistungen rund um das Thema Kfz-Elektronik an. Dazu gehören Kombi-Instrument- und Tacho-Reparaturen, Steuergeräte-Reparaturen, Reparaturen von Navigationssystemen und Tacho-Angleichungen. Darüber hinaus haben wir viele Ersatzteile auf Lager und übernehmen den An- und Verkauf von Oldtimern.

Wenden wir uns ein wenig näher den Reparaturen zu. Welche davon sind am schwierigsten durchzuführen?

FN: Schwierige Reparaturbilder treten in allen Bereichen der Fahrzeugelektronik auf. Motorsteuergeräte sind in manchen Fällen besonders schwer zu öffnen, die Elektronik ist häufig mit Schutzlack oder Kunstharz verspritzt. Auch Navigations- und Entertainment-Systeme wie Audi MMI sind in der Bearbeitung relativ aufwendig, da sehr viele Funktionen in einem einzigen Gerät zusammengefasst sind.

Auch Kombi-Instrumente werden immer komplexer. Ein neuer Trend sind Virtual Cockpits, bei denen Geschwindigkeitsanzeige, Drehzahlmesser, Tank- und Temperaturanzeige nur noch auf einem großen Display dargestellt werden. Analoge Anzeigen werden hier nur noch optisch imitiert.

Mit welchen Problemen kommen Ihre Kunden am häufigsten zu Ihnen?

FN: Unsere Kunden wenden sich sehr häufig mit defekten Motorsteuergeräten an uns, wenn zum Beispiel einzelne Zylinder des Motors keinen Kraftstoff mehr erhalten und der Motor dadurch unrund oder gar nicht mehr läuft.

Häufig werden Motorsteuergeräte beschädigt, wenn Zündspulen, Zündkerzen, Injektoren oder Zündkabel defekt waren und diese defekten Bauteile ins Steuergerät durchgeschlagen haben. Oft haben wir auch defekte Displays, defekte Anzeigen oder Beleuchtungsausfälle in Kombi-Instrumenten zu bearbeiten. Eine dritte Gruppe von Geräten, die unseren Kunden häufig Kummer bereiten, sind defekte Navigationssysteme, die entweder gar nicht mehr starten, sich ständig ein- und wieder ausschalten oder schlicht und ergreifend die Route nicht mehr richtig oder gar nicht mehr berechnen.

Die Zahl elektronischer Steuergeräte in Fahrzeugen nimmt immer mehr zu

Worauf sollte man bei der Auswahl einer Reparaturwerkstatt achten?

FN: Man sollte immer darauf achten, dass die Firma, die man beauftragt, auch tatsächlich an der genannten Adresse anzutreffen ist. So kurios sich das anhört, es gibt diverse „Hobby“-Anbieter, die ihre Dienste in irgendeinem Hinterstübchen betreiben und ihre Dienste vor allem auf Ebay anbieten, die keine ordentlichen Rechnungen mit ausgewiesener Mehrwertsteuer ausstellen und dann im Gewährleistungsfall entweder nicht mehr greifbar sind oder alle Gewährleistungsansprüche von sich weisen.

Da viele Kunden ihre Geräte auf dem Postweg verschicken, sollte man sich unbedingt vorher online über die Seriosität der gewählten Firma informieren. Zu Online-Anbietern, die nur über eine Handynummer erreichbar sind und keine Homepage mit vernünftigem Impressum haben, würde ich mein defektes Gerät nicht schicken. Mittlerweile gibt es aber eine große Vielfalt an Werkstatt-Portalen, auf denen man Kfz-Service-Anbieter unkompliziert vergleichen kann.

Ein Thema, das Autofahrer vor allem im Rahmen des Dieselskandals beschäftigte, sind Rückruf-Aktionen. Bemerken Sie Auswirkungen davon auf Ihre Arbeit?

FN: Rückrufaktionen haben auf unseren täglichen Betrieb eigentlich keine Auswirkungen. Wenn von Herstellerseite ein Rückruf eingeleitet wird, entstehen dem Kunden ja keine Kosten. Sie werden deshalb in der Regel von fast allen betroffenen Autofahrern wahrgenommen. Wir hatten einzelne Fälle, eben beim Stichwort Dieselskandal, in denen Kunden nach dem Aufspielen der vermeintlich optimierten Software in die Steuergeräte ihrer Fahrzeuge Probleme wie einen unruhigen Motorlauf oder erhöhte Verbrauchswerte hatten. Hier wurde gelegentlich nach einer Wiederherstellung des ursprünglichen Softwarestandes im Steuergerät gefragt. Das machen wir aber grundsätzlich nicht, da wir sonst die ursprüngliche (nach heutigem Wissen illegale) Software wiederherstellen würden.

Wie hat sich die Autoreparatur in den letzten zehn Jahren verändert und wie wirkt sich der technische Fortschritt auf Ihre Arbeit aus?

FN: Die Anzahl an elektronischen Komponenten und Steuergeräten in Kraftfahrzeugen hat über die Jahre immer mehr zugenommen. Auch werden die Systeme immer komplexer. Viele Kfz-Werkstätten sind bereits heute mit der Thematik überfordert und viele Autohäuser und Vertragshändler reparieren nicht mehr im klassischen Sinne. Stattdessen ersetzen sie nur noch komplette Komponenten, obwohl das gar nicht nötig wäre. Dies geschieht teils aus Unwissen, in vielen Fällen aber auch, weil an einem Neuteil einfach mehr verdient wird. Auch für uns ist die zunehmend komplexe Elektronik eine Herausforderung – zugleich aber auch die Garantie dafür, dass unsere Dienstleistung auch morgen noch nachgefragt wird.

Wie sehen Sie das Thema Elektromobilität?

FN: Von rund 66 Millionen zugelassenen Fahrzeugen in Deutschland sind heute nicht einmal 200.000 rein elektrisch angetrieben. Da können Sie sich ausrechnen, wie die Umwälzungen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten in diesem Bereich sein werden. Wenn das Corona-Thema, wie wir alle hoffen, wieder in den Hintergrund tritt, wird das Thema Klimawandel wieder an Bedeutung gewinnen.

Wenn Deutschland eine Autonation bleiben will, muss bei diesem Thema sehr viel Geld in die Hand genommen werden.* Wie sich der geringere technische Aufwand bei der Herstellung eines Elektromotors im Vergleich zum Verbrenner und später auch in der Wartung der Fahrzeuge durch die Kfz-Werkstätten auswirken wird, wird sich zeigen.

Werfen wir zum Schluss noch einen kurzen Blick auf die aktuelle Corona-Situation, die Sie ja eben bereits erwähnten. Wie haben Sie die Situation in Ihrem Unternehmen bewältigt?

FN: Nach einer anfänglichen Flaute hat sich die Situation für uns sehr schnell wieder normalisiert. Tatsächlich haben wir im Moment circa 20 Prozent mehr Aufträge als vor der Krise. Das liegt wahrscheinlich am veränderten Urlaubs- und Freizeitverhalten der Deutschen. Den Urlaub 2020 haben die allermeisten entweder zu Hause verbracht oder sie sind innerhalb von Deutschland in den Urlaub gefahren.

Viele hatten in der Zeit von Kurzarbeit und Homeoffice auch endlich einmal Zeit, kleinere Defekte am eigenen Fahrzeug zu beheben, die sie längere Zeit vor sich hergeschoben haben. Zu nennen sind hier zum Beispiel die Reparatur von Navigationssystemen oder Pixelfehlern in Kombiinstrumenten oder anderen digitalen Anzeigen. Darüber hinaus sind wir aber zuversichtlich, dass unser Geschäft auch in Zukunft gut weiterlaufen wird.

Ein positiver Ausblick zum Abschluss. Dann wünschen wir Ihnen und Ihrem Team alles Gute und danken Ihnen für die informativen Einblicke!

Das Interview mit Felix Neresheimer führte die AGITANO-Redaktion. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde die generisch-männliche Formulierung verwendet.

Über Car Technology & Concepts

Die Car Technology & Concepts, kurz CTC, wurde 1997 von Felix Neresheimer gegründet. Der Unternehmenssitz ist München. Das Unternehmen hat sich auf Reparaturdienstleistungen rund um das Thema Kfz-Elektronik spezialisiert. Zu den Leistungen gehören unter anderem Reparaturen von Kombiinstrumenten, Tachos, Steuergeräten und Navigationssystemen. Weiterhin bietet CTC seinen Kunden Ersatzteile und den An- und Verkauf von Oldtimern an.


*Die Investition durch die Politik ist ein essenzieller Schritt. Ein weiterer in die richtige Richtung ist die, dass das Einrichten von Ladestationen einfacher werden soll, so zum Beispiel auch in WEG-Anlagen.

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