Beim PM Recruiting lauern viele Fallen: Der Einkauf schaut nur aufs Geld (wozu das führt, habe ich vor zwei Wochen mit einem Fallbeispiel beschrieben), Provider haben keine Ahnung von den erforderlichen Qualifikationen. Beim PM Recruiting sollte man deshalb unbedingt die Qualifikationen in den Vordergrund stellen und ein klares Profil definieren. Denn nur dann ist der aufwändige PM Recruiting-Prozess von Erfolg gekrönt.
In seinem heutigen Beitrag zur Themenserie „Turnaround in Projekten“ zeigt Projektsanierer Henning Zeumer, wie der PM Recruiting-Prozess zu einem erfolgreichen Abschluss kommt. Damit Sie den richtigen Projektmanager finden!
Der erste Fehler im PM Recruiting: Unspezifizierte Anforderungen
In der Mehrzahl der Fälle suchen Projektverantwortliche jemanden, der ihnen ihr Projekt „schmeißt”. Mit dem gesunden Halbwissen über die erforderlichen Erfahrungen stellen sie ein Profil zusammen „Planen und Kontrollieren des Projekts, Reporting, Budget- und Terminverantwortung” usw., also eine sehr generische, allgemeine Beschreibung von Projektmanagement, vielleicht noch etwas über Sprachkenntnisse oder Branchenerfahrungen. Oft spiegelt das auch einfach die Haltung der fachlichen Führungseben gegenüber der „Commodity“ Projektmanagement wider.
In vielen großen Unternehmen startet der PM Recruiting-Prozess dann damit, dass dieses Profil an den Einkauf und/oder (was wegen besserer Expertise im Beurteilen von Bewerbern viel besser ist) an HR geht, wo die Vorstellungen über PM und die unterschiedlichen Skillsets in dieser Disziplin nicht notwendigerweise verstanden oder differenziert werden. Nach dem Motto: Ok, die suchen einen Consultant, was darf der denn laut Liste kosten…
Der zweite Fehler im PM Recruiting: Suche über meist inkompetente Provider
Das Gesuch wird dann bei den Personalvermittlern auf der Preferred Sellers Liste gepostet, wo die Stichworte der Suche durch die Datenbanken laufen, die alles ausspucken, worin der Begriff „Projekt” auftaucht. Das geht dann vom Entwickler mit Projekterfahrung über den Junior-Projektmanager, der mal ein Team oder Teilprojekt geleitet hat, bis vielleicht auch zum „Greybeard”, der auch schwierige oder komplexe Projekte professionell managen kann.
Beliebteste Frage in den Ausschreibungen im PM Recruiting: „Was ist Ihr bester Preis all-in?” Häufigste Antwort des Recruiters auf eine Nachfrage, was denn in dem Projekt erarbeitet werden soll, wie groß Team oder Budget oder die Anzahl der beteiligten Lieferanten und Stakeholder seien, oder welche Aufgaben und Erwartungen der Kunde denn habe: „Da muss ich nochmal nachfragen, ich melde mich wieder.” Mal ehrlich: ich habe bisher nur wenige Provider erlebt, die sich unter „Projektmanagement“ etwas Konkretes vorstellen konnten, geschweige denn unterschiedliche Qualitätslevels hätten unterscheiden können…
Nun, was glauben Sie, was Sie dann angeboten bekommen, bzw. mit welchen „Projektmanagern” sie zum „besten Preis” ins Gespräch kommen? Und was erwarten Sie dann an Ergebnissen für Ihr Projekt? Ich unterstelle mal, dass Sie selbst genügend über Projektmanagement und die PM-Aufgaben in Ihrem Projekt wissen, um damit nicht zufrieden sein zu können. Dass die Provider trotzdem gute Provisionen kassieren, macht die Sachlage nochmal zusätzlich sehr unbefriedigend.
Die richtige PM Recruiting Strategie: Nach der Qualifikation suchen
Stellt sich also die Frage: Suche nach Hochqualifizierten und Führungskräften (denn das sind Projektmanager!) über das „übliche” PM-Recruiting? Bitte nur mit einem gestochen scharfen Profil für den Einkauf und den Provider! Und über den Preis unterhalten Sie sich bitte erst, wenn das Verständnis und die Erwartungen zu der zu erledigenden Aufgabe auf Ihrer Seite und bei Ihrem Bewerber die gleichen sind.
Tipp 1: Einen Experten fragen
Sie können auch mal einen erfahrenen Projektmanager unverbindlich fragen, was für die vorgesehene PM-Aufgabe qualifizierter Weise so aufgerufen wird, und dann den Einkauf briefen, bei diesem “Consultant” ein wenig nach Skill-Level zu differenzieren. Sie erhöhen dadurch Ihre Chance signifikant, einen kompetenten Projektmanager für Ihr Projekt zu bekommen.
Tipp 2: Projekt-Profiling einkaufen
Es gibt auch Kollegen, die ein solches Projekt-Profiling für wenig Geld als Beratungsleistung anbieten. Sie nehmen Ihre Erwartungen an Ihr Projekt detailliert auf und machen Ihnen ein aussagefähiges Anforderungsprofil daraus, mit dem Sie intern und extern auf Teamsuche gehen können und das Sie auch als Projektdefinition für die weitere Projektplanung weiter nutzen können.
Und sie sagen Ihnen, welchen Skill-Level Ihr Projektmanager haben sollte, in welchem Umfang und für wie lange Sie Ihn verpflichten sollten, und was ein solcher Projektmanager üblicherweise als Honorar erwartet. Sie stellen Ihnen auf Wunsch sogar Profile für ein ganzes Projektmanagement-Team zusammen, wenn dies für den Projekterfolg notwendig erscheint.
Damit haben Sie eine sichere Basis für Ihre Budget-Kalkulation und Ihre Verhandlungen und erleben keine Überraschungen. Wenn Sie möchten, geben die Kollegen Ihnen auch Tipps, wie und wo Sie den Projektmanager Ihres Vertrauens am besten finden (und wo besser nicht) – und seriöserweise schlagen die Kollegen sich selbst dann erst mal nicht vor…
Viel Erfolg !
Ihr
Henning Zeumer
Über Henning Zeumer
Henning Zeumer ist seit mehr als 25 Jahren freiberuflicher Programm- und Projektmanager, PMI-zertifizierter PMP®, PgMPSM und auch Certified Scrum Master (CSM®). Seine besondere Expertise ist die Begutachtung und Sanierung gefährdeter Projekte. Er ist dabei auch beratend tätig im Portfolio-, Programm- und Projektmanagement als Advisor zur Entwicklung von PM-Aufbau- und Ablauforganisationen und -Infrastruktur, sowie Coach für Operational Excellence in Projekten.
Weitere Informationen zu Henning Zeumer finden Sie unter www.der-Projekt-Sanierer.de.