Skiurlaub statt Rackern! Ist Arbeitssimulation die Lösung für Überforderung im Job?

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Nur so tun, als arbeite man das Doppelte der wöchentlichen Arbeitszeit, um dem Druck stand zu halten? Gerade in Branchen wie der Unternehmensberatung ist Arbeitssimulation keine Seltenheit: Die Beschäftigten tun so, als wären sie am Schreibtisch, in Wirklichkeit vergnügen sie sich auf der Skipiste – und telefonieren zwischendurch einmal. Aber: Arbeitssimulation ist keine Lösung, wenn man dauerhaft etwas ändern will.

Nicola Fritze fordert deshalb in ihrem heutigen Beitrag zur Themenserie „Anders denken“: Mitarbeiter aller Abteilungen, vereinigt Euch!

 

Permanente Überforderung hält keiner durch

Unternehmensberater arbeiten sehr viel. Immer, überall. Kein Feierabend. Stimmt’s? Nun ja… Wer genauer hinschaut, erkennt ein ziemlich anderes Bild. Das zeigt eine Studie, die im Harvard Business Review genauer vorgestellt worden ist. Sie bestätigt das, was wir eigentlich alle sowieso wissen: dauerhaft hält es kaum einer durch, 60, 70 oder gar 80 Stunden zu arbeiten. Sogar diejenigen, die angeblich immer arbeiten – Unternehmensberater zum Beispiel, die am Beispiel einer großen Firma untersucht worden sind – finden Vermeidungsstrategien, mit denen sie das Monsterpensum auf ein menschliches Maß bringen.

So tun, als ob

Die Kernaussage der Studie: wichtig ist nicht, wieviel man tatsächlich arbeitet. Wichtig ist, dass Kunden und Kollegen denken, man arbeite sehr viel. Diesen psychologischen Effekt nutzen der Studie nach viele angeblich dauerarbeitende Berater zu ihrem Vorteil. Sie fahren in den Skiurlaub, sagen es aber keinem – und legen stattdessen frühmorgens und spätabends Telefontermine. So entsteht mit wenige Aufwand der Eindruck, sie würden von früh bis spät ackern. Dabei haben sie tagsüber Spaß auf der Skipiste. Andere schließen Allianzen mit Kollegen, die ebenfalls nicht länger für drei arbeiten möchten. Sie decken sich gegenseitig, schustern sich Aufträge nahe am Wohnort zu (und vermeiden so das Reisen an Wochenenden und frühmorgens).

Ist Arbeitssimulation der richtige Weg?!

Ist das also der goldene Weg? Arbeit simulieren und dadurch ein Maß finden, das zumutbar ist? Nun, für den einzelnen Menschen mag das eine gute Strategie sein. Schließlich drohen der HBR-Studie nach Reputations- und Lohneinbußen oder gar Stellenverlust, wenn man explizit sagt: „Ich will nicht mehr so viel ackern!“ Insofern ist die Arbeitssimulation erst einmal eine Taktik, die viel Sinn macht.

Aber eine Lösung ist das natürlich nicht. Der große Nachteil von vielen Arbeitstier-Simulanten ist nämlich, dass das System selbst sich nicht ändert. Schließlich tun alle so, als seien sie einverstanden mit den unmenschlichen Erwartungen, die an vielen Stellen dominieren! Veränderung geschieht wohl nur, wenn immer mehr Menschen ihre Überforderung eingestehen und vernehmlich darauf pochen, dass sie mehr Zeit für die Dinge im Leben möchten, die neben dem Job ihren Platz haben sollen: Familie, Sport, Freunde, oder einfach Nichtstun. Wenn hingegen alle sich für den Modus der inneren Emigration und der Arbeitssimulation entscheiden, geht einfach alles weiter wie bislang.

Führungskräfte und Mitarbeiter müssen Verantwortung übernehmen

Was wäre also der richtige Schritt? Mir fallen nur zwei gute Lösungen ein. Erstens brauchen wir Führungskräfte, die realisieren: niemand hält Dauerarbeit aus. Es ist besser für alle, wenn nachhaltig auf einem guten Maß gearbeitet wird, ohne dass Ausreden oder Entschuldigungen fällig sind, wenn man nach acht bis zehn Stunden das Büro verlässt. Zweitens: Mitarbeiter müssen sich organisieren, statt dass jeder allein Taktiken für bestmögliche Arbeitsvermeidung sucht – z.B. eben Arbeitssimulation. Kein Arbeitgeber kann dauerhaft die Augen verschließen, wenn eine größere Zahl von Mitarbeitern nachdrücklich auf Veränderungen drängt.

Also: Vermeidungstaktiken wie Arbeitssimulation sind eine gute Sache, wenn man kurzfristig Verschnaufpausen braucht, die einem der Arbeitgeber nicht zugestehen will. Aber wer wirklich etwas verändern möchte, muss sagen, was sowieso alle denken: „So geht es nicht weiter.“ Erst dann gib es eine Chance auf Wandel, der Arbeitssimulation zum Ding der Vergangenheit macht.

Ihre
Nicola Fritze

 

Über Nicola Fritze

Nicola Fritze / Motivation / Stress / Alltag, Egoismus, Aufschieberitis
Deutschlands Motivationsfrau und SHEnote-Speaker (© Bild: Nicola Fritze).

Seit 2001 ist Nicola Fritze vielgefragte Rednerin und Trainerin zu den Themen Persönlichkeitsentwicklung und Motivation. Ihre erfolgreichen Audio-Podcasts „Abenteuer Motivation“ und „Fritze-Blitz“ inspirieren seit 2006 regelmäßig über 30.000 Abonnenten. Sie gehören zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Hörsendungen zum Thema Persönlichkeitsentwicklung. Im Februar 2013 erschien ihr neues Buch „Motivier Dich selbst – sonst macht’s ja keiner!“ (SüdWest, 16,99 €) Darin zeigt Nicola Fritze 50 praxisnahe und effektive Methoden auf, wie Lebensfreude und Motivation langfristig zu steigern sind. Weitere Informationen sowie ihre beiden erfolgreichen Hörsendungen finden Sie auf www.nicolafritze.de.

 

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