„Wissen ist der einzige Rohstoff, den wir in Deutschland ausreichend zur Verfügung haben“ – Interview mit Prof. Dr. Volker Engert von Leanbyte

Digitale Assistenzsysteme spielen für Unternehmen eine immer wichtigere Rolle. Sie erleichtern die Standardisierung von Prozessen, machen Onboarding- und Weiterbildungsmaßnahmen effizienter und eröffnen in der Produktion zahlreiche Potenziale für Synergieeffekte. Doch welche Implementierungsmöglichkeiten für digitale Assistenzsysteme gibt es eigentlich? Mit welchen Herausforderungen haben Unternehmen bei der Umsetzung zu kämpfen? Mit welchen Entwicklungen ist in den nächsten 20 Jahren zu rechnen? Über diese Fragen haben wir uns mit jemandem unterhalten, der es wissen muss – Prof. Dr. Volker Engert von Leanbyte.

Welchen Stellenwert digitale Assistenzsysteme einnehmen – Prof. Dr. Volker Engert im Interview

Guten Tag, Herr Dr. Engert! Wir freuen uns, dass Sie Zeit für das Gespräch gefunden haben. Würden Sie unseren Leser:innen zum Einstieg kurz die wichtigsten Stationen Ihres Werdegangs vorstellen?

Prof. Dr. Volker Engert: Gern! Zunächst absolvierte ich eine technische Berufsausbildung zum Maschinenschlosser. Anschließend arbeitete ich als Facharbeiter in Produktion und Instandhaltung. Es folgten eine Ausbildung zum Industriemeister, ein Studium der Betriebspädagogik mit Fachrichtung Betriebs- und Führungspädagogik, die Promotion zu didaktischen digitalen Assistenzsystemen und eine Professur im Bereich Digital Business an der Hochschule Heidelberg.

Wie kam es zur Gründung Ihres Unternehmens?

Prof. Dr. Volker Engert: Bereits vor der Gründung unseres Unternehmens verfügten wir über eine Grundidee und einen großen Erfahrungsschatz im Bereich der digitalen Assistenzsysteme. Vor allem durch unsere Einblicke in die Arbeitsweise verschiedener mittelständischer Unternehmen erkannten wir das große Potenzial der Technologie – vor allem bei einem gemeinsamen Projekt zusammen mit dem heutigen Leanbyte-Co-Founder Adrian Lundquist bei einem größeren mittelständischen Unternehmen.

Welche Ausgangsbedingungen finden Sie vor, wenn sie sich mit neuen Kund:innen über Konzeption, Umsetzung, Evaluation und Optimierung von Prozessen unterhalten?

Prof. Dr. Volker Engert: Viele Unternehmen sind im Bereich Lean Management gut aufgestellt und erzielen regelmäßig Verbesserungen, deren Nachhaltigkeit durch digitale Assistenzsysteme weiter unterstützt werden könnte. So erleichtert etwa das digitale Assistenzsystem Leanbyte die Standardisierung, Qualifizierung, Prozessverbesserung und Qualitätssicherung – also alle in einer Produktion wichtigen Faktoren.

Aus welchen Branchen kommen Ihre Kund:innen?

Prof. Dr. Volker Engert: Unsere Kunden kommen aus vielen verschiedenen Bereichen. Hier sind vor allem die folgenden zu nennen:

  • Produzierende Unternehmen
  • Automotive / Automobilindustrie
  • Bauwirtschaft
  • Kunststoffindustrie
  • Metallindustrie
  • Maschinen- und Anlagenbau
  • Medizintechnik
  • Umwelttechnologie
  • Werkzeugbau

Handelt es sich bei digitalen Assistenzsystemen primär um ein Thema für Global Player oder ist es auch für kleinere Unternehmen relevant?

Prof. Dr. Volker Engert: Kleine bis große produzierende Betriebe haben einen sehr hohen Bedarf, Menschen bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Schließlich ist der Mensch noch immer die größte Fehlerquelle und das wird auch mit steigender Automatisierung so bleiben.

Es ist wichtig, dass die Geschäftsführung den Optimierungsprozess aktiv begleitet

In welchen Situationen kommen Ihre Kund:innen zu Ihnen?

Prof. Dr. Volker Engert: Üblicherweise kontaktieren uns neue Kund:innen in dem Moment, in dem sie über Themen wie Wissensmanagement und Digitalisierung nachdenken oder einen Wissenstransfer an andere Standorte durchführen müssen. Ebenso kommen Kund:innen zu uns, die zum Beispiel neue Maschinen und Anlagen kaufen und den Wissenstransfer vom Hersteller zur bedienenden Belegschaft durch uns durchführen lassen wollen.

Welche Vorbehalte gibt es hinsichtlich der Einführung und wie begegnen Sie ihnen?

Prof. Dr. Volker Engert: Eine häufig gestellte Frage ist zum Beispiel, was ein digitales Assistenzsystem leistet und wie es Mitarbeitenden bei der täglichen Arbeit hilft. Ich antworte darauf, dass es weniger Fehler gibt, Mitarbeitende in kurzer Zeit eingearbeitet werden und schnell qualitativ gute Arbeitsergebnisse erzielt werden.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit Ihren Kund:innen aus, zum Beispiel, wenn jemand einen standardisierten Onboarding-Prozess in einem ausländischen Werk implementieren will?

Prof. Dr. Volker Engert: Zunächst erarbeiten wir mit dem:der Kund:in auf Basis unserer Erfahrungswerte einen genauen Fahrplan für die Implementierung des Prozesses. Dabei arbeiten wir mit Vergleichswerten und zeigen relevante Erfolgsfaktoren auf, die wir in den neuen Prozess übernehmen. So sind wir in der Lage, für unsere Kund:innen in kurzer Zeit bestmögliche standardisierte Onboarding-Prozesse zu planen und erfolgreich an ausländischen Standorten zu implementieren.

Ein Erfolgsgarant ist dabei unsere einzigartige Übersetzungsmethodik. Wir übersetzen auf Knopfdruck in zahlreiche Landessprachen, wobei die Sprachausgabe mit unserer eigens entwickelten Bild- und Videounterstützung gekoppelt ist.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Einführung digitaler Assistenzsysteme in Unternehmen?

Prof. Dr. Volker Engert: Wichtig ist vor allem, dass die Geschäftsleitung den Prozess aktiv begleitet und zusammen mit den Mitarbeitenden eingebunden wird. Bewährt hat sich der Aufbau in einem überschaubaren Pilotbereich, in dem die Vorteile des Systems schnell erkannt werden können. Der Pilotbereich erhält dadurch eine gewisse Strahlkraft und wirkt als Leuchtturm für die weiteren Unternehmensbereiche.

Welche Vorteile bieten digitale Assistenzsysteme, wenn es um die Optimierung von Prozessen geht?

Prof. Dr. Volker Engert: Sobald die Prozesse und die damit verbundenen durchzuführenden Tätigkeiten digital erfasst sind, werden die einzelnen Arbeitsschritte transparent, was die Möglichkeit einer sofortigen Verbesserung eröffnet. Bildet man Prozesse beispielsweise auf einem großen Bildschirm ab, kann das Verbesserungsteam den Ablauf als Arbeitsschritt-Bild- und Video-Sequenz digital betrachten, dabei Fehler erkennen und sofort optimieren.

Wie schätzen Sie den Stellenwert digitaler Assistenzsysteme in den kommenden zehn bis 20 Jahren ein?

Prof. Dr. Volker Engert: Ich sehe in den nächsten Jahren ein sehr großes Potenzial für digitale Assistenzsysteme. Korrekt eingesetzt können sie einen nachhaltigen Beitrag dazu leisten, den fortschreitenden Mangel an Fachkräften auszugleichen. Können beispielsweise für einzelne Arbeitsschritte relevante Wissensinhalte am Arbeitsplatz unkompliziert, zum Beispiel über ein iPad Mini, abgerufen werden, können sich auch ungeübte Kräfte schnell in ihre neue Tätigkeit einarbeiten.

Man muss sich immer vor Augen halten, dass Wissen der einzige Rohstoff ist, den wir in Deutschland ausreichend zur Verfügung haben. Setzt man ihn konsequent ein, kann man ihn immer wieder vermehren. Bisher war es allerdings nur begrenzt möglich, diesen Rohstoff direkt sichtbar zu machen. Mit unserer Software gibt es diese Möglichkeit nun und unser Ziel ist es, sie in den kommenden Jahren noch weiter auszubauen.

Welche Pläne haben Sie mit Ihrem Unternehmen in den nächsten zehn Jahren?

Prof. Dr. Volker Engert: Wir planen, mit unserem Produkt weiter zu expandieren – nicht nur in Europa, sondern weltweit. Mit unserem großen Erfahrungsschatz und unseren Wissensstandards haben wir es uns zum Ziel gesetzt, Unternehmen global zu verbinden und einen zielgerichteten Wissenstransfer zu ermöglichen, der allen Beteiligten neue Synergieeffekte eröffnet.

Profilbild Prof. Dr. Volker Engert von Leanbyte
Prof. Dr. Volker Engert von Leanbyte. (Bild: © Volker Engert / Leanbyte)

Dann wünschen wir Ihnen dabei viel Erfolg und danken Ihnen für das informative Gespräch!

Das Interview mit Prof. Dr. Volker Engert führte die AGITANO-Redaktion.

Über Leanbyte

Das im baden-württembergischen Heidelberg ansässige Unternehmen Leanbyte bietet seinen Kund:innen eine große Bandbreite an digitalen Assistenzsystemen für operative Tätigkeiten in der Produktion. Mit leistungsstarken Komplettlösungen aus Software, Hardware und Betreuung führt es Optimierungen in den Bereichen Prozessmanagement, Wissensmanagement, Qualitätsmanagement, Lean Management und Arbeitssicherheit durch.

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?