Agilität: Übergeordnete Strategie und feste Regeln schützen vor „Klein-Klein“

Beschleunigte Märkte und Innovationszyklen fordern Unternehmen: Anpassungsfähigkeit, Schnelligkeit und Flexibilität sind Eigenschaften, ohne die Unternehmen nicht langfristig erfolgreich sein können. Der Einsatz agiler Methoden in der Arbeitsorganisation, im Prozessablauf und im Projektmanagement ist hier der Schlüssel zum Erfolg. Oftmals bedeutet die Umsetzung von Agilität jedoch eine große Herausforderung, gerade für traditionell strukturierte Firmen. Das Verlassen von Routinen und die Etablierung neuer Denk- und Arbeitsweisen erfordern auch kulturellen Wandel. Eine übergeordnete Strategie ist deshalb unbedingt notwendig, damit Agilität auch die gewünschten Ergebnisse liefert. Im Interview erklärt Thomas Ring, Vorstandsvorsitzender der mmc AG, wie die praktische Umsetzung gelingt und worauf es bei der Strategie ankommt.

Inhaltsverzeichnis

Agilität muss Teil der Unternehmenskultur sein

Hallo Herr Ring. Viele Unternehmen haben Probleme bei der Umsetzung von Agilität im Unternehmensalltag. Wo liegen die Herausforderungen?

Um Agilität im Unternehmensalltag zu verankern und umzusetzen, reicht es nicht, sich ein SCRUM-Handbuch zu kaufen und die Methode anzuwenden. Agilität beinhaltet nämlich auch ein bestimmtes Führungsverständnis und hat entsprechende strukturelle Voraussetzung. Mitunter muss die ganze Arbeitsorganisation umgekrempelt werden. Vernetzung, Vertrauen, Freiräume und Eigenverantwortung sind Schlüsselbegriffe.

So kommt es, dass die meisten Unternehmen zwar wissen, dass sie durch Agilität erfolgreicher sein können, aber bei der praktischen Umsetzung (noch) scheitern. Laut Hays Report 2018 nutzen nur etwa 23 Prozent der Unternehmen in Deutschland agile Methoden wie Design Thinking oder Lean Kanban.

Unternehmenstransformationen verursachen häufig Konflikte, so auch die Umstellung auf Agilität. Wie kann man sie vermeiden?

Eine offene Kommunikationskultur, Transparenz und eine neue Fehlerkultur sind wichtige Bestandteile von Agilität. Wenn das im Unternehmen bisher nicht gelebt wurde, dann kann es schon mal befremdlich sein, von Gleichgestellten kritisiert zu werden. Mitarbeiter und Führungskräfte müssen aber lernen, das auszuhalten und Feedback als Chance zu begreifen. Wichtig ist, dass es klare Regeln gibt. Sowohl in Bezug auf die Kommunikation miteinander als auch in Bezug auf Rahmenbedingungen wie Urlaub, Gehälter und Arbeitszeiten.

Führung und Strategie weiterhin notwendig

Bedeutet Agilität, dass wir keine Führung mehr im Unternehmen brauchen?

Nein. Auch wenn Mitarbeiter mehr Eigenverantwortung tragen und Aufgaben dort besprochen werden, wo die Expertise sitzt – also in den Teams direkt, ist Führung nach wie vor notwendig. Schließlich muss auch in agilen Unternehmen jemand das unternehmerische Risiko tragen und dementsprechend die Entscheidungen treffen.

Eine übergeordnete Strategie ist ebenfalls wichtig. Denn nur, wenn ein agiles Zielbild besteht, ist die Marschrichtung klar. Sonst droht die Gefahr, dass sich Organisationen im „Klein-Klein“ von Projektstrukturen verlieren. Das große Ganze muss also weiterhin das unternehmerische Handeln bestimmen.

Welche Kompetenzen müssen Mitarbeiter und Führungskräfte mitbringen, wenn sie Agilität im Unternehmen umsetzen wollen?

Führungskräfte müssen vor allem Sozialkompetenzen mitbringen. Immer noch entscheiden über die Karriere vor allem fachliche Kompetenzen. Aber ein genialer Software-Entwickler ist nicht unbedingt kompetent, die IT-Abteilung und deren Mitarbeiter zu führen. Hier brauchen wir alternative Karrieremodelle, wie z.B. das der Fachführungskräfte. Denn bei der Personalführung kommt es zunehmend darauf an, individuelle Bedürfnisse von Mitarbeitern zu erkennen und sie bei ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung zu unterstützen.

Mitarbeiter müssen gewillt sein, eigenverantwortlich zu arbeiten und sich selbst zu organisieren. Wer immer nur auf Anweisung von oben arbeiten kann, der wird in einem agilen Unternehmen weder erfolgreich noch glücklich werden.

Lieber Herr Ring, herzlichen Dank für das interessante Gespräch.

Das Interview mit Thomas Ring, Managing Partner und Vorstandsvorsitzender der mmc AG führte Dr. Katja Heumader, Redakteurin AGITANO.

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