Dümpeln ist erforderliche Veränderung

Wussten Sie schon? Vielen Mitarbeitern ist die Strategie ihres Unternehmens gar nicht bekannt. Das wird auch nicht dadurch besser, wenn man als Führungskraft im Zuge erforderlicher Veränderung „vergisst“, seine Mitarbeiter in die dazu notwendigen Prozesse mit einzubinden. Im Gegenteil: alle Beteiligten werden unnötigem, weil vermeidbarem Stress ausgesetzt. Wie es Unternehmer und Entscheider besser machen können, darüber sprachen wir mit der Unternehmerin, mehrfach ausgezeichneten Trainerin und Gründerin der 7 SCHWABEN SPEAKER, Tanja Köhler.

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Hinweis der AGITANO-Redaktion:

Tanja Köhler wird, am Montag, den 10.03.2014, im Kloster Eberbach, Eltville, auf dem Kongress Soul@Work  zusammen mit weiteren renommierten Experten über Strategien, Tendenzen, Konzepte und innovative Ansätze zur Prävention von psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz informieren. AGITANO-Leser kommen exklusiv in den Genuss einer vergünstigten Kongress-Eintrittskarte.

Mehr dazu unter folgendem Link.

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Schönen Guten Tag Frau Köhler, bitte stellen Sie sich kurz vor?

Tanja Köhler, Speaker, Coach, Unternehemnsberaterin
Die Tanja Köhler® (© Foto: privat)

„Auch Kinder brauchen mal Urlaub von ihren Eltern …“, so begann mein Abschiedsbrief an meine Eltern. Ich war damals noch keine 14 und versuchte ein Leben auf der Straße. Und auch wenn mein Ausflug in die „Freiheit“ nur zwei Wochen dauerte, so war das doch quasi wie ein Startschuss. Ein Startschuss für ein Leben mit vielen Wegen, Haltepunkten und freilich auch Veränderungen.

Damals, als ich von zuhause weg war, hieß es in meinem Heimatort, dass die Tanja in München auf den Strich geht. Andere sagten, ich wäre in Hamburg tot aufgefunden worden. Freilich hat beides nicht gestimmt. Aber in der Tat nach meiner Rückkehr nicht wirklich jemand gedacht, dass aus mir „noch was werden würde“:

… Abitur – Ausbildung zur Kauffrau – Studium der Psychologie und BWL – Führungskraft in einer Unternehmensberatung – 2005 Gründung des eigenen Trainings-Instituts pasos – 2010 Gründung des Speaker-Labels: Die Tanja Köhler® – 2012 Gründung des Labels 7 SCHWABEN SPEAKER – drei Mal Auszeichnungen durch den Bundespräsidenten a.D. Dr. Horst Köhler – Internationaler Deutscher Trainingspreis 2012/2013 – HR Excellence Award 2013. und, und, und …

Frau Köhler, Sie sind einer der Expertinnen für Verantwortung und Veränderung. Sie vertreten die These „Menschen und Systeme ändern sich nicht wirklich, wenn es keinen entsprechenden »Leidensdruck« gibt. Ohne Leidensdruck dümpeln Menschen und Systeme lediglich im Fluss der täglichen Veränderungsanforderungen hin und her.“ Wie kommen Sie zu dieser Aussage?

Naja, Menschen und Unternehmen verändern sich ja permanent – es ist uns nur nicht immer bewusst. Was ich „Dümpeln“ meine, das sind erforderliche, zielgerichtete Veränderungen.

Meine Hypothese hat sich über die letzten zehn Jahre meiner Beratungstätigkeiten und Coachings entwickelt – flankiert von einer schonungslosen Selbstreflexion. Ich habe bemerkt, dass Veränderung immer dann gelingt, wenn drei Dinge aufeinandertreffen:

1. ein gewisser Leidensdruck – ich sage dazu übrigens lieber „gefühlte Dringlichkeit“
2.  ein Stückchen Hoffnung, dass es dann „besser“ wird und
3. eine echte Lösungsperspektive mit konkreten Handlungsmöglichkeiten.


„So ein Blödsinn! So ein Schwachsinn!“ mögen manche sagen. „Fakten sprechen doch für sich. Es braucht also nur überzeugende Argumente!0.“ Ich persönlich glaube das nicht! Es ist wie im Kartenspiel, nur dass es im Veränderungs-Spiel nicht „Ober sticht Unter“, sondern „Gefühl sticht Kognition“ heißt. Der Kopf weiß es zwar, die Seele verhält sich aber nicht danach. Wer von Ihren Lesern mehr dazu wissen möchte, der soll doch mal „Kognitive Dissonanztheorie nach Festinger“ googeln.

Übrigens: Sie erkennen das Fehlen einer gespürten Dringlichkeit an der Häufigkeit der Konjunktive: sollte, müsste, könnte … Und das gilt für Mensch und Unternehmen. Gehen Sie morgen mal durch Ihr Unternehmen und hören Sie nur auf diese Konjunktive. Das ist quasi der Dümpel-Faktor!

Veränderungen sind meist relativ schwer in Unternehmen umzusetzen. Woran liegt dies aus Ihrer Erfahrung heraus?

So pauschal würde ich das nicht sagen. Es kommt darauf an, um welches Veränderungs-Vorhaben es sich handelt. Meistens sind die Veränderungen, die viel Geld mit sich bringen, Ratz-Fatz umgesetzt. Es ist nur die Frage, ob und wie alle Mitarbeiter diesem Ratz-Fatz folgen können … .

„Weichere“ Umsetzungsvorhaben wie zum Beispiel die Einführung einer Führungskräfte-Entwicklung oder einer Coaching-Strategie sind da tatsächlich schwerer umzusetzen. Das hat viele Gründe und man muss als Berater schon genau hinschauen und ergründen. Als Berater muss ich die Rolle des Minensuchhundes einnehmen. Ich frage genau, wo das Unternehmen herkommt und forsche, welche Glaubenssätze das Unternehmen hat. Dabei gebe ich mich niemals mit den ersten Antworten zufrieden.

Nehmen wir mal als Beispiel ein mittelständisches Familienunternehmen der Automobilzulieferbranche im Schwabenländle. Da haben sich schon viele die Zähne ausgebissen. Die Inhaber haben das Unternehmen nach dem Zweiten Weltkrieg händisch aufgebaut und jede einzelne Unternehmens-Pore dünstet quasi die Glaubenssätze des Gründers aus.


Im Ländle heißt es immer so schön: Schaffen, schaffen – Häusle bauen! Der Glaubenssatz, der darunter liegt, ist jedoch der größte Feind von Qualifizierungsmaßnahmen in Unternehmen: Schaffen ist Schaffen! Und Lernen und Coachings und so ein Zeug ist kein richtiges Schaffen – außer es ist ein rein fachspezifisches Lernen wie zum Beispiel eine spezielle Weiterbildung im Bereich Zerspanungsmechanik, …

Die Unternehmen tun also gut dran, sich selbst mit ihrer Herkunft und Glaubenssätzen zu ergründen. Die Personalverantwortlichen gestehen mir übrigens oft im Vertrauen, dass sie wissen, woran es hakt: „Wissen Sie, bei uns ist halt … “.

Mal angenommen, das Unternehmen schafft es, sich aus seiner natürlichen Trägheit zu lösen. Aus seiner eigenen Dümpel-Spirale rauszukommen und richtig Zug in die Veränderung zu bringen! So stellt sich dann als nächstes die Frage: Warum nehmen die Mitarbeiter Angebote nicht oder nur widerwillig an?

Seite 2: Zwischen Bewahrung und Veränderung – wie gelingt die Balance?

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