Interview mit Petra Schuseil anlässlich ihres heute erscheinenden Buches „Finde Dein Lebenstempo – Mit dem richtigen Tempo zu mehr Leben“.
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Frau Schuseil, eben ist Ihr Buch „Finde Dein Lebenstempo – Mit dem richtigen Tempo zu mehr Leben“„ bei GABAL erschienen. Inwiefern macht insbesondere das richtige Tempo unser (Berufs)Leben leichter?
Das richtige Tempo ist sehr individuell, denn jeder ist ein anderer Zeit- und Tempotyp. Richtig heißt für mich, da fühlt sich jemand nicht mehr getrieben oder gehetzt, da fühlt sich jemand mit sich und seinem Tempo in Ordnung. Da gibt es nichts zu verändern. Es läuft. Mal schnell, mal langsam – wie im richtigen Leben eben.
Verstehen wir das richtig, dass für jedes Individuum ein bestimmtes Lebens- und Arbeitstempo das richtige ist? Wie können wir lernen oder erkennen, welches Tempo genau zu uns passt?
Das geht nur durch Erfahrung und über die Achtsamkeit, was uns guttut und was nicht (mehr). Wenn wir im Flow sind und vollkommen auf unsere Aufgabe konzentriert, sind wir meist im richtigen Tempo, das kann für den einen schnell für einen anderen langsam sein. Achtsam zu sein, die eigenen Werte und Bedürfnisse zu klären, ist hier essentiell. In meinem Buch gibt es zahlreiche Tests zum Bestimmen des Lebenstempos, z.B. anhand von Tieranalogien wie Bär, Gazelle, Adler und einige mehr. Selbstverständlich repräsentieren wir alle Mischformen, sind nicht nur einfach ein Adler, sondern je nach Situation auch mal ein Löwen-Bär oder wie ich eine Löwin-Chamäleon-Mischung. Der Test zeigt sehr gut eine grundlegende Tendenz, die in uns liegt und in der wir uns am wohlsten fühlen und am produktivsten sind.
Gibt es Menschen, die das für sie passende Lebenstempo automatisch leben oder müssen wir alle im Laufe unserer Entwicklung das erst lernen?
Ich bin mir sicher, dass es genug Menschen gibt, die das für sie passende und richtige Lebenstempo haben und zufrieden sind. Sie haben ganz einfach ein besseres Gespür für das für sie richtige Tempo und versuchen, es so gut wie möglich zu leben.
Dagegen wird es andere Menschen geben, die oft viel schneller unterwegs sind als ihr System auf Dauer aushalten kann und müssen dann erst – oft wenn es gar nicht mehr geht – das Tempo drastisch reduzieren. Deswegen rate ich allen meinen Coaching-Kunden so gut wie möglich das eigene, wirklich passende Tempo zu finden und auch konstant einzuhalten. Das (Arbeits)Leben wird dadurch leichter und auch freudvoller.
Wie man das macht? Indem man sich Zeit nimmt und sich seiner Werte, Bedürfnisse und Rollen/Hüte bewusst wird. Dies können meine Leser im Buch genau herausfinden. Wenn man im guten Kontakt mit dem ist, was einem wirklich wichtig ist im Leben, dann stellt sich Lebensglück und Lebenszufriedenheit ein.
Wichtig ist, dass verschiedene Phasen in unserem Leben verschiedene Lebenstempi bergen. Es gibt Zeiten, Situationen oder vor allem Orte, die ein höheres Tempo mit sich bringen.
Ich habe einige Jahre in Hong Kong gelebt, dort war das von mir geforderte und mich umgebende Tempo sicher viel rasanter als jetzt, wo ich in der Schweiz lebe.
Dazu kommt, dass sich das Lebenstempo sogar im Laufe eines (Berufs)Tages mehrmals ändert, manchmal sogar stündlich. Wir müssen lernen – besonders in stürmischen Zeiten – unser Tempo aktiv zu regeln und dadurch von Fremdbestimmung auf Selbstbestimmung zu schalten. Also: entweder auf die Bremse treten oder Gas geben. Wie beim Autofahren :). Diese Geschwindigkeits-Schwankungen in unserem Leben sind normal. Wir müssen sie nur steuern lernen.
Was passiert, wenn wir längerfristig gegen unser Lebens- und Arbeitstempo anleben?
Das Wort langfristig ist hier genau die Crux und das Zünglein an der Waage. Kurzfristig die Tempi zu wechseln und rasend schnell unterwegs zu sein, weil ein Projekt drängt oder eine Deadline winkt, wird keine nachhaltigen Schäden bewirken. Wenn ein Mensch jedoch – sei es im Berufs- oder Privatleben – zu lange im falschen Tempomodus unterwegs ist, kommt es mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer hohen Erschöpfung oder Bore-Out, wenn zu wenig passiert. Beides ist schlimm und schwer zu ertragen.
Fortsetzung auf Seite 2