„Ich wollte die Stadt Berlin und ihre Freiräume erkunden“ – Daniel Schaefers von edelmat. im Interview
Guten Tag, Herr Schaefers! Ehe wir uns näher über aktuelle Entwicklungen in der Veranstaltungsbranche unterhalten, können Sie unseren Leser*innen zunächst ein paar Sätze über die Geschichte Ihres Unternehmens erzählen?
Daniel Schaefers: Gern. Die edelmat. GmbH ist 2009 aus zwei Einzelunternehmungen entstanden. Damals waren wir sehr stark im Bereich DJ-Technik und Clubbeschallung aktiv. Es gab kaum einen Berliner Club, der nicht bei uns gemietet hat. Aktuell zählen aus diesem Bereich noch Tresor, Watergate und Berghain zu unserem Kundenstamm.
Seit 2016 führe ich die Geschäfte alleine. Wir sind erwachsener geworden und 2018 vom Prenzlauer Berg nach Reinickendorf umgezogen. Im gleichen Jahr wurden wir als Preisträger beim Wettbewerb „Berlins beste Ausbildungsbetriebe“ ausgezeichnet und im Folgejahr 2019 Sieger des Reinickendorfer Ausbildungsbuddy.
Hat sich der Standortwechsel auf Ihre Arbeit ausgewirkt?
Daniel Schaefers: Bei uns steht weiterhin der Mensch im Vordergrund – nicht nur im Unternehmen, auch auf Veranstaltungen. Wir verbinden die Menschen durch Konzeption und Technik emotional miteinander.
Mit dem Standortwechsel haben wir uns aber ein Stück weit von der Berliner Subkultur entfernt – hin zu mehr Corporate Events und mehr Installationsgeschäft. Unser aktueller Fokus liegt im Bereich der Veranstaltungssicherheit sowie der Nachhaltigkeit. Seit 2017 sind wir nach dem Qualitätsmanagementsystem ISO 9001 zertifiziert und 2020 haben wir das Umweltmanagementsystem ISO 14001 eingeführt.
Blicken wir noch etwas weiter zurück. Wie sind Sie zum Thema Veranstaltungstechnik gekommen?
Daniel Schaefers: Ich bin im Jahr 2000 von Köln nach Berlin gezogen, um als Student und DJ die Stadt und ihre Freiräume zu erkunden. Kurz darauf habe ich mit dem Kollektiv patentblau auch aktiv Freiräume mitgestaltet. Wir brauchten für unsere Veranstaltungen geeignete Technik – so ist ein Verleihgeschäft entstanden.
Auf welchen Leistungen und Veranstaltungstypen liegt Ihr Fokus?
Daniel Schaefers: Wir sind Spezialisten für Veranstaltungstechnik. Das umfasst die Beratung, Konzeption, Installation, Verkauf, Vermietung und den Service. Vor der aktuellen Krise haben wir relativ viele Kongresse ausgestattet beziehungsweise technisch konzeptioniert. Aktuell transformieren und streamen wir Veranstaltungsformate und professionalisieren Schulungszentren und Besprechungsräume für digitale und hybride Anwendungen.
Wer gehört zu Ihren Kund*innen?
Daniel Schaefers: Hauptsächlich Agenturen, Veranstaltungsorte, Veranstalter und Brands. Aktuell ist das Installationsgeschäft aufgrund der herrschenden Beschränkungen aber deutlich stärker. Hier liegt unser Fokus auf der Digitalisierung von Schulungs- und Konferenzräumen. Aktuelle Kund*innen sind eher Konzerne, trägergeführte Organisationen und Schulungszentren et cetera, beispielsweise das Krankenhaus Havelhöhe, das Deutsche Studentenwerk und die Diakonie.
Worauf legen Sie bei der Arbeit besonders viel Wert?
Daniel Schaefers: Wir möchten mit unseren Kund*innen langfristig zusammenarbeiten. Wir verstehen uns als Partner für Veranstaltungstechnik. Umso früher wir mit in die Planung eingebunden werden, desto besser. Kurzfristige Anfragen schrecken uns ab – hier geht es eher um den Preis, oft ist der Kunde oder die Kundin nicht professionell und versteht die Themen Veranstaltungssicherheit und Nachhaltigkeit nicht. Nach Briefing, Konzeption, Angebotserstellung, Detailplanung und Umsetzung reflektieren wir das Ergebnis. Das fördert Potenziale für zukünftige gemeinsame Projekte.
Was sind typische Herausforderungen, die Ihnen bei Ihrer täglichen Arbeit begegnen?
Daniel Schaefers: Die Veranstaltungswirtschaft vor der Krise war von saisonalen Schwankungen und von kurzfristigen Anfragen geprägt. Die Kund*innen waren es gewohnt, dass eine ganze Branche immer alles auf Abruf bereitstellen kann. Aktuell haben wir ja eher mit dem Gegenteil zu kämpfen.
Was waren besondere Veranstaltungen in Ihrer Karriere?
Daniel Schaefers: Auf einer meiner ersten Veranstaltungen als technischer Dienstleister saß „Das Bo“ auf unserem Boxenturm und sang: „wir brauchen Bass“. Das bleibt in Erinnerung. Und ganz aktuell vor wenigen Tagen ein Streaming-Konzert, das Abschlussprojekt von unserem Azubi. Die jungen Menschen, Band und Techniker*innen vor Ort bei der Ausübung ihrer Berufe zu beobachten, das war ein gutes Gefühl.
Die Veranstaltungstechnik hat sich beschleunigt
Welche Veränderungen haben Sie in der Veranstaltungstechnik in den letzten 20 Jahren festgestellt?
Daniel Schaefers: Die Produktzyklen werden immer kürzer. Die Digitalisierung ist fester Bestandteil. Die Branche ist professionalisiert. Jetzt sollte die Veranstaltungswirtschaft die Krise nutzen und die Tagessätze für Fachkräfte verdoppeln. Es kann nicht sein, dass hochqualifiziertes Personal Tätigkeiten ausübt, die keine andere Person beherrscht, und dafür nicht gerecht entlohnt wird.
Welche aktuellen Trends gibt es in der Veranstaltungstechnik?
Daniel Schaefers: Aktuell finden fast alle Veranstaltungen online statt. Ein Teil davon wird bleiben. Insbesondere informative Formate wird es weiter digital oder hybrid geben. Ob digitale Whiskey Tastings sich etablieren, bleibt abzuwarten. Wir sind daran interessiert, über die Notlösungen hinaus dauerhafte Lösungen für unsere Kund*innen zu entwickeln. Das funktioniert bei Workshop-Formaten und Schulungsanwendungen deutlich einfacher. Aber auch im klassischen Eventbereich und bei Konzerten kann der Veranstalter oder die Veranstalterin die eigene Reichweite und die Umsätze durch digitale Komponenten steigern.
Wie hat sich die Corona-Pandemie auf Ihre internen Prozesse, Ihre Auftragslage und die Veranstaltungsbranche generell ausgewirkt?
Daniel Schaefers: Wenige Tage nach der Absage der ITB – also noch vor dem ersten Lockdown – hatten wir eine Stornoquote von nahezu 100 Prozent für das laufende Jahr. Plötzlich waren wir im Krisenmodus. Ich vermute, so oder so ähnlich ist es einem Großteil unserer Branche ergangen. Unsere interne Kommunikation hat stark gelitten, Prozesse und ISO et cetera sind in den Hintergrund geraten, wir mussten neue Produkte entwickeln. Wir waren wieder Start-up, allerdings von Beginn an mit dem Rücken zur Wand. Durch unsere neue Ausrichtung geht es uns aktuell gut, trotz Corona-Krise.
Wie haben Sie Ihre Schwerpunkte im Laufe der Krise verschoben?
Daniel Schaefers: Wir digitalisieren Besprechungsräume für hybride Anwendungen. Alle Personen im Raum können sich frei bewegen und frei sprechen und werden von den digitalen Teilnehmenden einwandfrei verstanden. Auch hier verbinden wir die Menschen untereinander. Diese Anwendung wird bleiben. Es werden nicht mehr alle Mitarbeitenden aus dem Homeoffice zurückkehren. Die Firmen müssen zukünftig professionell hybrid kommunizieren können – mit ihren Mitarbeitenden und mit ihren Kund*innen.
Gleiches gilt für Schulungszentren. Warum sollten Betreibende sich einschränken und ausschließlich Präsenzunterricht anbieten? Das ist nicht im Interesse der Kund*innen und auch nicht wirtschaftlich. Hier gibt es eine gewisse positive Entwicklung. Unser Kerngeschäft ist aber eingebrochen.
Wie schätzen Sie die Entwicklung 2022 und in den kommenden Jahren ein?
Daniel Schaefers: Viele Menschen haben unsere Branche mittlerweile verlassen. Die Politik hat beispielslos versagt. Das Geschehen kann mit Schulnoten nicht bewertet werden. Die Verantwortlichen haben zu keinem Zeitpunkt Lösungen zugelassen. Es herrscht eine endlose Planungsunsicherheit, eine Perspektivlosigkeit. Unsere Branche wurde massiv und nachhaltig geschädigt. Ich könnte mir vorstellen, dass hier die Probleme erst anfangen – wenn es plötzlich wieder los geht.
Dann wünschen wir Ihnen und Ihrem Team für die Zukunft das Beste und danken Ihnen für die interessanten und ausführlichen Einblicke.
Das Interview mit Daniel Schaefers führte die AGITANO-Redaktion.
Über edelmat. GmbH
Seit 2009 ist die edelmat. GmbH aus Berlin im Bereich Veranstaltungstechnik aktiv. Das Team um Geschäftsführer Daniel Schaefers bietet ein breites Leistungsportfolio rund um Beratung, Konzeption, Installation, Verkauf, Vermietung und Service an. Zu den Kund*innen von edelmat. gehören bekannte Berliner Clubs, aber auch Kongressveranstalter sowie Unternehmen und Schulungszentren. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den Themen Veranstaltungssicherheit und Nachhaltigkeit.