Ein Hoch auf das Erbrechen…

Ulrich B Wagner hat eine neue Biowaffe entdeckt: Das Erbrechen. Pünktlich zum Marsch der IS auf Mossul und Bagdad startete passenderweise vergangenen Samstag das Oktoberfest. Und damit das größte kollektive Erbrechen der Welt. Im heutigen Beitrag zu seiner Kolumne „QUERGEDACHT & QUERGEWORTET – Das Wort zum Freitag“ wundert sich Ulrich B Wagner, was Gäste aus aller Welt am Oktoberfest so toll finden können. Denn wenn Millionen sich erbrechen, duftet es nicht mehr nach Brathendl und gebrannten Mandeln.

Ich kann gar nicht so viel fressen wie ich kotzen möchte.

Max Liebermann

Oktoberfest: Auge um Auge – Krug um Krug.

Werner Mitsch

Nur weil du in den Zug kotzt, bist du lange noch nicht bahnbrechend.

Albert Einstein

Emetophobie – Angst vor Erbrechen

Thomas Mann nannte sie schlicht und ergreifend eine Monstre Kirmes. Einverstanden: Unser großer Schriftsteller war genau genommen ein genauso großer Saupreiß wie der Kolumnist, der selbst auch noch keinen einzigen Fußzeh auf die Wiesen gesetzt hat und daher wahrscheinlich besser zu diesem Thema seine Klappe halten sollte.

Selbstverständlich trinke ich auch sehr gerne das eine oder andere Weißbier und mein bisheriges Fernbleiben von der Wiesn ist wahrscheinlich schlicht und ergreifend meiner Enocholophobie geschuldet, die, auch wenn sie in einschlägigen diagnostischen Nachschlagewerken gerne darunter subsumiert wird, keinesfalls mit einer Agroraphobie zu verwechseln ist. Denn ich für meine Person liebe weite, leere Plätze und Räume und meine phobische Störung ist schlicht und ergreifend meiner irrationalen Angst vor Menschenmassen geschuldet. Genauer genommen, der unglaublichen Angst, zerquetscht, zertrampelt und über den Haufen gerannt zu werden.

Oder vielleicht doch nicht? Folgt man den einschlägigen Berichten diverser Tageszeitungen von dieser Woche, könnte meine Missachtung des Oktoberfestes auch einer bisher unbewussten Emetophobie geschuldet sein oder anders ausgedrückt: Ich habe einfach panische Angst davor zu Tode gekotzt zu werden. Das riesige Erbrechen macht mir Angst.

Erbrechen
Emetophobie bezeichnet die Angst vor Erbrochenem. (Bild: © Jörg Simon)

Tatütata statt Täterä

Selbst BILD titelte Mitte dieser Woche Die Wahrheit über die Wiesn, um dann sofort in den ersten Zeilen loszusemmeln, wie man in unserem ach so schönen weißblauen Bundesland zu sagen pflegt: In unserer romantischen Vorstellung duftet die Wiesn zur Oktoberfestzeit nach zart gebrutzelten Hendln und frisch gebackenen Brezn. Die Wahrheit: Es stinkt nach Suff, Schweiß und Erbrochenem. Wer nur wenige Meter neben den Wiesngassen geht, muss aufpassen, nicht von Besoffenen angepinkelt zu werden. Frauen werden blöd angequatscht, das Tatütata der Krankenwagen ist lauter als das Täterä der Blaskapelle .

Selbst die patriotische Münchner Abendzeitung spricht angesichts dieses vermeintlichen Volksfestes, was im Hellen betrachtet ein großer Prospektbetrug ist, denn das vermeintliche Volk beschränkt sich dann doch auf besoffene Neuseeländer und kotzende Ebersberger, von einem Ausnahmezustand, den der echte Münchner wie der Teufel das Weihwasser meidet. Oder im O-Ton: München ist die schönste Stadt Deutschlands. Ab Samstag ändert sich das. Dann wird sie für viele Einheimische zu einem Ort, an dem sie eigentlich nicht sein möchten: bis zum weiß-blauen Himmel nach Urin, Erbrochenem, Schweiß und Schlimmerem stinkend, laut und so eng, dass selbst die abgebrühteste Legehenne rebellieren würde.

Erbrechen als Waffe?

Die Welt ist aus den Fugen. Schaut man in Richtung Irak und Syrien, kommt einem angesichts des Terrors dieser komplett irren und kranken Kämpfer des Islamischen Staates, die in ihrem Wahn gewaltsam ein Kalifat errichten wollen, die Galle hoch. Vielleicht sollten wir es ja angesichts dieses ganzen Wahnsinns dann doch tun und die eine oder andere Maß zu viel in uns hineinschütten, um uns dann, Max Liebermann auf den Lippen, über die ganze Gotteskriegerschaft zu erbrechen.

Lassen Sie uns für den Weltfrieden erbrechen. Wir haben sowieso keine andere Chance als ihnen unsere tiefste Verachtung entgegen zu speien.

In diesem Sinne hoch die Krüge.

Ihr

Ulrich B Wagner

Lesen Sie auch die vorherigen Beiträge zur Kolumne “QUERGEDACHT & QUERGEWORTET – Das Wort zum Freitag” von Ulrich B Wagner:

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Ulrich B Wagner, irrsinn, das positive denken
(Foto: © Ulrich B. Wagner)

Über Ulrich B Wagner

Ulrich B Wagner (Jahrgang 1967) ist Diplom-Soziologe, Psychologe, Schriftsteller und Kolumnist. Sein Studium der Soziologie, Psychologie & Rechtswissenschaften absolvierte er an der Johann Wolfgang von Goethe Universität, Frankfurt am Main. Zusammen mit Professor Karl-Otto Hondrich arbeitete er am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften an einer Reihe von Forschungsprojekten zum Thema  „Sozialer und kultureller Wandel“.

Ulrich B Wagner ist Dozent an der european school of design in Frankfurt am Main mit dem Schwerpunkt  Kommunikationstheorie, Werbe- und Konsumentenpsychologie, sowie Soziologie und kultureller Wandel und arbeitet als Berater sowie systemischer Coach mit den Schwerpunkten Business- und Personal Coaching, Kommunikation und Konzeptentwicklung, Begleitung von
Veränderungsprozessen und hält regelmäßig Vorträge und Seminare.

Zu erreichen: via Mail ulrich@ulrichbwagner.de, via Xing und Facebook (Ulrich B Wagner).

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