Fachkräftemangel: Dauerproblem oder Panikmache?

Der durch den demografischen Wandel bedingte steigende Bedarf an Arbeitnehmern wird für deutsche Unternehmen zunehmend spürbar. Einige Ökonomen sprechen in Bezug auf die Suche nach geeigneten Bewerber von einem Fachkräftemangel, andere wiederum mahnen Medien, Politik und Öffentlichkeit zur besonderen Achtsamkeit im Umgang mit Informationen zu diesem Thema.

Engpässe in Unternehmen identifiziert

Fachkräftemangel, Designer, Home Office
In immer mehr Büros bleiben die frei werdenden Stühle unbesetzt. Ob man diesen Umstand als Fachkräftemangel ist in der Forschung sehr umstritten. (Bild: Viktor Hanáček / picjumbo.com)

Im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern geht es der deutschen Wirtschaft recht gut. Die Auftragsbücher der meisten Unternehmen sind voll und der Bedarf an qualifizierten Fachkräften durchaus vorhanden. Und genau darin sehen Ökonomen des  deutschen Instituts der Wirtschaft (IW Köln) das Problem. Denn laut ihrer Untersuchung „Fachkräfteengpässe in Unternehmen“, bestehen bei 106 der rund 580 analysierten Berufe schon seit gut zwei Jahren Engpässe.

MINT und Gesundheit besonders stark nachgefragt

Davon betroffen vor allem die so genannten MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik). Unter den zehn Berufen mit den größten Engpässen befinden sich allein fünf aus eben jenen vier Bereichen. Dabei handelt es sich laut Studie schon lange nicht mehr ausschließlich um die hoch qualifizierten mit Studienabschluss (wie zum Beispiel der Ingenieur für Luft- und Raumfahrttechnik), sondern darüber hinaus um ausgebildete Fachkräfte wie Mechatroniker und Elektriker.

Ein zweiter Schwerpunkt liegt, so die Auffasung der Autoren, im Gesundheitsbereich. Auch hier fehlen Fachkräfte aller Qualifikationen – vom Altenpfleger über die Fachkrankenschwester bis hin zu Ärzten der unterschiedlichen Fachrichtungen.

Stellenbesetzungsprobleme = Fachkräftemangel?

Dass diese durchaus vorhandenen Stellenbesetzungsprobleme in Medien, Politik und Öffentlichkeit gleich mit der Aussage kommentiert wird, Deutschland würde unter einem Fachkräftemangel leiden, halten andere Wirtschaftswissenschaftler wiederum für übertrieben. So betont Dr. Nina Neubecker vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin), dass das Ausmaß des gegenwärtigen und zukünftigen Fachkräftemangels in der Wissenschaft als durchaus umstritten gilt. „Uneinigkeit herrscht bereits bei der Auswahl geeigneter Knappheitsindikatoren sowie sinnvoller Modellannahmen in Langfristprojektionen“, so die Mitarbeitern der Abteilung Makroökonomie im DIW Berlin.

Und auch Prof. Dr. Ernst Kistler, Direktor am InternationalenInstitut Für Empirische Sozialökonomie (INIFES) warnte im Interview mit AGITANO davor Stellenbesetzungsprobleme mit einem Fachkräftemangel gleichzusetzen. „Solche periodischen Probleme sind an einem funktionierenden Arbeitsmarkt genauso normal wie eine gewisse Sucharbeitslosigkeit. Hätten wir einen solchen, so würden sich die Löhne und Arbeitsbedingungen anders entwickeln – gerade in der Gesundheitswirtschaft.“

(cs)

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