Freitag der 13te … Über Aberglaube und grüne Cola

… aus der wöchentlichen Kolumne „QUERGEDACHT & QUERGEWORTET  – Das Wort zum Freitag“ von Ulrich B Wagner. Nach „Und täglich grüßt das Murmeltier … oder der verzweifelte Versuch über die Wiederholung“ folgt heute: „Freitag der 13te … Über Aberglaube und grüne Cola“.

Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, / im nächsten Leben würde ich versuchen, mehr Fehler zu machen. / Ich würde nicht so perfekt sein wollen, / ich würde mich mehr entspannen. / Ich wäre ein bißchen verrückter, als ich gewesen bin, / ich würde viel weniger Dinge so ernst nehmen. / Ich würde nicht so gesund leben. / Ich würde mehr riskieren, würde mehr reisen, / Sonnenuntergänge betrachten, mehr bergsteigen, / mehr in Flüssen schwimmen. / Ich war einer dieser klugen Menschen, / die jede Minute ihres Lebens fruchtbar verbrachten. / Freilich hatte ich auch Momente der Freude. / Aber wenn ich noch einmal anfangen könnte, würde ich versuchen, nur mehr gute Augenblicke zu haben. / Falls du es noch nicht weißt, aus diesen besteht nämlich das Leben. / Nur aus Augenblicken. Vergiß nicht den jetzigen. / Wenn ich noch einmal leben könnte, / würde ich von Frühlingsbeginn an bis in den Spätherbst hinein barfuß gehen. / Und ich würde mehr mit Kindern spielen …“

 Jorge Louis Borges

Aberglaube ist die Freigeisterei zweiten Ranges.“

Friedrich Wilhelm Nietzsche

Glaube versetzt Berge, sagt der Volksmund, Aberglaube ganze Königreiche

Denken Sie nur an den guten alten Macbeth aus dem Englischunterricht und seine ach so süßen drei kleinen Hexen oder Artus, dem der alte Merlin, dieser Oberflüsterer aus den Orten wo die Geister wohnen, zeitlebens Prophezeiungen und Weissagungen mit auf den Weg gab, so dass das ganze Leben und Streben zu einem unsäglichen Ritt auf der Rasierklinge zwischen freiem Willen und Vorherbestimmung verdarb.

Wenn ich ja nur könnte. Wenn ich ach entspannter, lockerer und doch nur im Augenblick ruhen würde. Von den unsäglichen, dunklen Stimmen aus meinem Inneren ganz zu schweigen.

Wenn, ja wenn?!?

Wenn, ja wenn, zitierte mein alter Herr immer wieder eine hessische Volksweise, Waldi nicht gegen den Baum gepisst hätte, hätte er den Hasen erlegt …

Was fügen wir uns am Ende des Tages selbst zu, produzieren es und erschaffen es, lassen es Wirklichkeit werden und damit Macht über uns und unser Leben bekommen, einzig nur weil wir es glauben wollen?

Glaube versetzt Berge, Glaube ist ein Einfallstor der Manipulation, das Opium fürs Volk, wie es der alte Mann aus Trier einmal formulierte.

Der Papst: einer der größten Cola-Junkies aller Zeiten

Angeblich leben wir in einem der rationalsten Zeitalter und jetzt dann das: Der Kolumnist auf den Spuren des Freitag des 13ten, stolpert über einen Bericht auf bild.de über die „grüne Coca-Cola“. Angeblich testet die alt eingessenen Company derzeitig den Markt für „grüne” Cola in Argentinien. Das Rennen um Zucker gegen Stevia auszutauschen, einem Extrakt aus den Blättern des in Lateinamerika wachsenden Kraut der Familie der Chrysanthemen, hat somit begonnen. Wo sind sie die guten alten Zeiten, in denen Cola noch als gefährlich und ungesund verdammt war und wir als Kinder und Jugendliche wie verrückt danach waren, diesen Zuckersirup, allein aufgrund der Verbote der vermaledeiten Erwachsenen, in uns hineinzuschütten. Von den goldenen Tagen, in dem laut des gestohlenen Rezepts, des verärgerte Buchhalters der Company, Fred M. Robinson, gar 8,45 mg reines Kokain in einem Glas Cola enthalten war, ganz zu schweigen. Okay, die Menge von heutzutage pro Nase geschnupften weißen Pulvers liegt bei 20 bis 30 mg, wobei auch vollständigkeitshalber angefügt sein sollte, dass oral eingenommenes Kokain sowieso deutlich schwächer wirkt, dürfte das eine oder andere Gläschen nicht gleich zum Rausch geführt haben. Papst Pius X. war nichts destotzrotz einer der größten Cola-Junkies aller Zeiten. Sei’s drum.

Grün verkauft

Vielleicht wird sie bei Markteinführung in Deutschland dann auch nicht nur bio, sondern gar vegan sein und die armen, kleinen Kinder landau und landab müssen morgens vor Schulbeginn unter dem strengen Blick der besorgten Mutter unter Zwang dieses gesundheitsfördernde Getränk in ihre jungen Leiber zwängen. Von mir aus können sie sich ihre „grüne“ Brause sowieso in den Ar… stecken. Einen kleinen Neid auf die Herren aus der Marketingabteilung in Atlanta kann ich jedoch an dieser Stelledoch nicht verbergen: Es gehört schon sehr viel Chuzpe dazu mit solcher Dreistigkeit den Yuppie-Gutmenschen ihr Geld aus dem Allerwertesten zu ziehen. Chapeau, ein gelungenes, grandioses Spiel mit dem Glauben und Aberglauben des angeblich ach so rationalen und aufgeklärten Verbrauchers.

Wobei wir auch schon wieder beim Thema sind. Entschuldigen Sie daher bitte den kleinen Ausflug in die Brauseherstellung.

Es ist also mal wieder soweit! Der Freitag fällt auf einen 13ten!

Unser Dichterfürst und Geheimrat aus Frankfurt ging angeblich sogar so weit, dass er an einem Freitag erst gar nicht Anstände machte, das Bett zu verlassen. Bismarck unterschrieb freitags keine Verträge, Napoleon zog es vor an diesem Wochentag nicht zu Felde zu ziehen und alles nur, weil Adam und Eva an einem Freitag aus dem Paradies vertrieben wurden? Vom legendären Börsenkrach in Berlin am Freitag, den 13. Mai 1927 ganz zu Schweigen.

Die Zahl 13 und dann auch noch Freitag. In unserem Kulturkreis, in der die Zahl 12 als vollkommen und rein gilt, hat es die 13, diese nur durch sich selbst und 1 teilbare Ziffer nicht leicht. Denken Sie nur an die 12 Monate, die 12 Stunden des Tages und der Nacht oder die 12 Tierkreiszeichen. Die 13 ist verhext. 12 Apostel saßen mit Jesus beim Abendmahl, der 13te Jünger Judas war der Verräter, die 13te Fee verflucht Dornröschen. Die 13 bringt schlicht und einfach Chaos ins System.

Ein Streich, der mit dem Tod endete

Einer nordischen Legende nach, die in der eddischen Dichtung beschrieben wird, feierten 12 Götter ein ausgelassenes Festmahl, ohne Loki, dem Gott des Schabernaks Bescheid gegeben zu haben. Als dieser von der Sause erfuhr, machte sich dieser als 13ter Gast auf den Weg, um den Anwesenden in seinem ihm angeborenen Schalk einen kleinen Streich zu spielen, der mit dem Tod eines der Gäste endete. Die Liste könnte noch ewig weitergeführt würden. Doch gestatten Sie mir an dieser Stelle nur noch eine, für mich sehr eindrucksvolle Bestätigung der durch Aberglaube ausgelösten selbsterfüllenden Prophezeiungen.

Der große österreichische Komponist und Schöpfer der Zwölftonmusik Arnold Schönberg, ahnte, beziehungsweise „glaubte“ und war zeitlebens davon getrieben, dass er im Alter von 76 Jahren sterben werde, weil die 7 und die 6 in Summe eine 13 ergeben. Tatsächlich starb er am 13. Juli 1951, um 13 Minuten vor Mitternacht, so die Legende.

Warum nicht auch umgekehrt?

Glaube versetzt Berge, Aberglaube ganze Königreiche. Wenn selbsterfüllende Prophezeiungen eine solche Macht haben, da wir bewusst oder unbewusst die Umstände erschaffen, die wir erfürchten oder erwarten, warum nutzen wir es dann nicht im umgekehrten Sinne?

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen frohen Freitag den 13ten.

Ihr

Ulrich B Wagner

Über Ulrich B Wagner

Ulrich B Wagner
(Foto: © Ulrich B Wagner)

Ulrich B Wagner (Jahrgang 1967) ist Diplom-Soziologe, Psychologe, Schriftsteller und Kolumnist. Sein Studium der Soziologie, Psychologie & Rechtswissenschaften absolvierte er an der Johann Wolfgang von Goethe Universität, Frankfurt am Main. Zusammen mit Professor Karl-Otto Hondrich arbeitete er am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften an einer Reihe von Forschungsprojekten zum Thema  „Sozialer und kultureller Wandel“.

Ulrich B Wagner ist Dozent an der european school of design in Frankfurt am Main mit dem Schwerpunkt  Kommunikationstheorie, Werbe- und Konsumentenpsychologie, sowie Soziologie und kultureller Wandel und arbeitet als Berater sowie systemischer Coach mit den Schwerpunkten Business- und Personal Coaching, Kommunikation und Konzeptentwicklung, Begleitung von
Veränderungsprozessen und hält regelmäßig Vorträge und Seminare.

Zu erreichen: via Mail ulrich@ulrichbwagner.de, via Xing und Facebook (Ulrich B Wagner).

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