Generation Y durch die Lupe (1): So kommunizieren die Digital Natives

Die Generation Y, oft auch Millennials oder Digital Natives genannt, erblickte, so sagen die Demographen, zwischen 1980 und 1999 das Licht der Welt. Sie wurden im Internetzeitalter sozialisiert, wodurch ihr Leben eine völlig andere Prägung bekam als das der Generationen davor. Ihr Antrieb? Autonomie und Entfaltungsraum, Kollaboration und Selbstorganisation. Und: Sein statt Haben, Teilen statt Besitzen. Im ersten von drei Beiträgen zum Thema „Generation Y durch die Lupe“ betrachtet Anne M. Schüller im heutigen Beitrag von „Touchpoints montags“, was die Millennials so viel anders machen und wie die Kommunikation der Digital Natives im Vergleich zu den älteren Generationen aussieht.

Inhaltsverzeichnis

Selber denken und selber machen

Millennials sind Selbstdenker und Selbstmacher, die schon als kleine Kinder in familiäre Entscheidungen wirksam miteinbezogen wurden. Das aktive Miteinander spielt in ihrem Leben eine sehr große Rolle. Sie wollen sich einbringen, nicht nur passiv berieselt werden. „Es geht darum, mitzugestalten, die eigenen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen und diese wiederum anderen zu zeigen“, sagt Christian Schuldt vom Zukunftsinstitut über seine Studie Youth Economy.

Zu allem entwickeln Millennials eine Meinung – und alles wird kommentiert. Zugleich legen sie auf den Input und das Feedback anderer sehr großen Wert. Sie sind wissbegierig und haben für alles ein offenes Ohr. Und sie sind konsensbereit, solange ein Feedback nicht belehrend, sondern erklärend ist. Doch Autoritäten kraft Amtes und hierarchischen Befehlsketten verweigern sie sich („Können Sie das nicht selber machen?“).

Der Chef als Ansager und Aufpasser? Für sie ein Auslaufmodell. „Wir wollen einen Mentor und keinen Manager, der uns sagt, wo es langgeht. Wir brauchen kein Alphatier, das sein Ego vor sich her trägt wie das Känguru seinen Beutel“, sagt die Wirtschaftsjournalistin Kerstin Bund.  Auch der lebenslange Arbeitsplatz ist nicht attraktiv. Vielmehr favorisieren sie wechselnde Positionen, in denen sie sich genauso intuitiv ausprobieren, wie sie es mit digitalen Anwendungen tun.

Digitale Vorreiter und Selbstinszenierer

Ihre kommunikative Spielwiese ist die virtuelle Welt. Hier erleben Millennials die für alle jungen Jahrgänge so wichtige Abgrenzung von der Elterngeneration. Ihre Identitätsfindung steuern sie im Wesentlichen über die Neuen Medien. Deshalb kommt es genau an diesem Punkt auch zu Konflikten zwischen Eltern und Kindern. Doch Jung besiegt Alt. Das ist immer nur eine Frage der Zeit.

So werden die digitalfreudigen jungen Netzwerkkohorten zur maßgeblich treibenden Kraft des technologischen Wandels. Die immer neuen Applikationen erschließen sich ihnen mit Leichtigkeit. Ohne Scheu, etwas kaputt zu machen, schrauben sie daran genauso enthusiastisch herum wie frühere Generationen an ihren Autos. Dabei haben spielerische Ansätze einen sehr hohen Stellenwert. Gamification nennt man diesen Trend, der sowohl in der Konsum- als auch in der Arbeitswelt immer mehr Einzug hält.

Gute Selbstdarstellung – das haben sie auf ihren Profilseiten in den sozialen Netzwerken gelernt. Jeder ist dort eine öffentliche Person und stellt wie auf einem Marktplatz zur Schau, was er über sich kundtun will. „Es geht nicht darum, Bilder zu zeigen, die die Realität illustrieren, sondern darum, eine Selbstbeschreibung zu wählen, mit der man bei anderen punkten kann”, erläutert Beate Großegger vom österreichischen Institut für Jugendkulturforschung in der Wirtschaftswoche.

Die Web-Reputation wird penibel gepflegt

Das Leben gleicht einer virtuellen Castingshow, in der sowohl konformes Verhalten als auch der individuelle Style eine Rolle spielen. Selfies werden also sorgfältig inszeniert und oft auch bearbeitet, bevor die Welt sie zu sehen bekommt. Und die „peinlichen“ Bilder landen auf Snapchat, weil sie dort nur für kurze Zeit sichtbar sind. Während andere von Google & Co. ein Recht auf Vergessen einfordern, so wird hier Vergänglichkeit zelebriert und eine neue Form von Privatheit erreicht.

Dass Schnappschüsse vom Komasaufen nicht gut rüberkommen, das hat die Internetjugend längst gelernt. Wie man digitale Spuren verwischt, natürlich auch. Dass man bei Weitem nicht alles von sich preisgibt, was man auf den Plattformen archiviert, ist eh selbstverständlich. Die Web-Reputation wird äußerst penibel gepflegt. Wertvoll ist nicht derjenige, der ein fettes Auto fährt, sondern der, der die Community durch seine Impulse bereichert.

Man positioniert sich nicht, so wie die vorhergehende Generation X, über die Marken, mit denen man sich umgibt, sondern über Fundstücke aus dem Web, die man weiterreicht. Wer den wertvollsten Content liefert und hierdurch Mehrwerte schafft, wird dabei am meisten geschätzt. Im Web hat derjenige Einfluss, dem viele folgen. So wird „Autorität“ dort verdient und nicht von oben ernannt. Und sie wird erst dann anerkannt, wenn sie durch Taten gerechtfertigt ist.

Wie die Netzwerkkinder kommunizieren

Millennials sind es gewohnt, dass Wissen offen und jederzeit zugänglich ist. Werden Informationen benötigt um an eine neue Aufgabe heranzugehen, dann fragen sie nicht lange rum, sondern sie starten eine Onlinerecherche. Denn wer ständig vernetzt ist, sucht auch im Web („Das steht doch alles bei Google“). Ein paar Minuten surfen bringt ihnen mehr als jedes Gespräch mit einer mittelmäßigen Fachkraft im Handel.

Und die, für die das Browsen, also das Herumstöbern im Web, ein permanenter Zeitvertreib ist, sind im Finden sehr flott. Dabei wurde ihr Gehirn auf kurz, knapp und schnell kalibriert. Sie haben verminderte Aufmerksamkeitsspannen und lieben Spaß. Ständiges Lernen ist ihnen ein wichtiges Thema. Aber sie lernen nicht auf Vorrat, sondern in Häppchen – und „just in time“. Erklärvideos und Onlinetutorials sind übrigens die Lern- und Aufklärungsmedien der jungen Generation.

Ihr Arbeitsstil ist fluid, das heißt, sie hüpfen gern von einer Aufgabe zur nächsten, und dann, ohne die frühere ganz beendet zu haben, schon zur übernächsten. Dabei sind Freizeit und Arbeit nicht mehr, so wie früher, kategorisch voneinander getrennt, sondern gehen fließend ineinander über.

„Downtime”, also Phasen der Entspannung, finden nicht mehr nach 17 Uhr und am Wochenende statt, sondern immer dann, wenn es gerade passt. Eine sinnvolle Taktung zwischen Arbeit und Privatleben, die für unsere Urahnen selbstverständlich war und erst im Industriezeitalter zerlegt worden ist, kann wieder entstehen. Work-Life-Blending nennen Millennials das.

Das Buch zum Thema, Managementbuch des Jahres 2014

Anne M. Schüller, Touchpoint, Unternehmen, Management, Organisation, Personal
(Bild: © Gabal)

Anne M. Schüller: Das Touchpoint-Unternehmen
Mitarbeiterführung in unserer neuen Businesswelt

Gabal Verlag 2014, 368 Seiten, 29,90 Euro
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