Durch strategische Preisgestaltung Wettbewerbsvorteile im Technologiesektor generieren

Die Technologiebranche steht vor gravierenden Marktveränderungen: Der Megatrend Digitalisierung verändert das Kaufverhalten der Kunden, Globalisierung und Anti-Globalisierung erhöhen den Wettbewerbsdruck und Outsourcing sowie Spezialisierung führen zu Verwässerungen in der Positionierung großer Unternehmen. Wie können Technologieunternehmen unter diesen Bedingungen im globalen Wettbewerb bestehen und ihre Gewinne erhöhen? Kostensenkungen sind eine Stellschraube, die nach Einschätzung von mmc-Partner Ingmar P. Brunken weitgehend ausgereizt ist. Er rät Technologieunternehmen zu strategischer Preisgestaltung – ein Aspekt, der bislang weitgehend vernachlässigt wurde.

Gewinne steigern durch strategische Preisgestaltung – Interview mit Ingmar Brunken

Hallo Herr Brunken. Welche Rolle spielt die Preisgestaltung für das Unternehmenswachstum?

Die Preisgestaltung bietet für Unternehmen großes Potenzial. Jeder kennt die Formel:

Gewinn = Preis * Volumen – Kosten

Um die Gewinne zu erhöhen, kann man also die Kosten reduzieren – das ist einfachste Weg, den viele Unternehmen auch heute noch gehen, der aber schon lange keine Garantie für Wettbewerbsvorteile mehr bietet. Der andere Ansatzpunkt ist die Preisgestaltung. Durch Preisoptimierung können die Gewinne um durchschnittlich drei Prozent steigen, das zeigen Erfahrungen.

Wie kommt es dann, dass Unternehmen bislang nur in geringem Ausmaß auf den Wettbewerbsfaktor Preisgestaltung setzen?

Ein vermeintliches Problem bei der Erarbeitung einer Strategie zur Preisgestaltung ist, dass sie anspruchsvoller als Kostensenkung ist: Es gibt kein allgemeingültiges Vorgehen, das garantiert zum Erfolg führt. Genau das ist jedoch auch der Vorteil von Pricing: Die Vielzahl der Ansatzpunkte.

Lassen Sie mich das an einem Beispiel verdeutlichen: Technologieunternehmen haben fast immer ein Ersatzteilgeschäft. Da gilt es, für tausende, manchmal gar hunderttausende von Ersatzteilen Preise zu machen. Wenn die Marge besser ist als im Kerngeschäft Maschinenverkauf, sind die meisten Anbieter zufrieden. Das Pricing findet dann bei der Vielzahl der Fälle fast immer mechanisch als Kostenaufschlag statt. Dabei ist hier durch ein professionelles, den Kundenwert berücksichtigendes Preis-Management-System noch weit mehr Marge zu gewinnen. Ebenso im Service-Geschäft, das manche Anbieter sogar als Gratis-Angebot an den Kunden verstehen. Dabei ist der Service oft der wesentliche Wettbewerbsvorteil gegenüber Billiganbietern, die der Kunde dann gerne bei Preisverhandlungen als Preisvergleich ins Feld führt.

Im Kerngeschäft wiederum werden durch gewonnene Aufträge im Service- und Ersatzteilbereich Folgeaufträge generiert, die erheblich zu weiteren Gewinnen beitragen, wenn sie eben nicht preisfrei angeboten werden. Hier bieten sich eigene Potenziale beim Pricing. In meinem Beitrag auf dem MMC-Blog Pricing Excellence im Technologiegeschäft: Mit cleveren Strategien im Wettbewerb bestehen erfahren Sie noch mehr über weitere Verbesserungspotenziale von Unternehmen bei der Preisgestaltung.

Welche spezifischen Vorteile haben Technologieunternehmen bei der Ausschöpfung der Potenziale, die sich durch Pricing bieten?

Technologieunternehmen haben verschiedene miteinander verbundene Geschäftsarten, die eigene Potenziale bei der Preisgestaltung bieten. Sie sind tätig im

  1. Projekt- und Anlagengeschäft
  2. Ausschreibungsgeschäft
  3. Klassisches Produkt- / Maschinengeschäft
  4. Ersatzteilgeschäft
  5. Services und Dienste (Wartung, Installation, Beratung etc.)

Meist ist dabei das Kerngeschäft – Projekt- und Anlagengeschäft, Ausschreibungsgeschäft, klassisches Produkt- und Maschinengeschäft – nur geringfügig differenzierbar und bietet niedrigere Margen. Das Komplementärgeschäft, also Ersatzteile, Services und Dienste, wird eher vernachlässigt, weil es eben nicht zum Kerngeschäft zählt. Aber gerade hier bieten sich die größten Wachstumspotenziale, wenn man professionell optimiert. Hier müssen Unternehmen sich neu fokussieren und so ihre Gewinne steigern.

To Do’s für die strategische Preisgestaltung in Technologieunternehmen

Wie können Unternehmen eine strategische Preisgestaltung forcieren und von ihr profitieren?

Entscheidend ist, dass Unternehmen eine Strategie für die Preisgestaltung erarbeiten und umsetzen. Dazu muss jeder Schritt der Preisentwicklung zunächst systematisch erfasst werden. Dazu zählen:

  • Pricing Enablers wie Strategie, Organisation, Methoden und Technologie
  • Pricing-Daten
  • Preissetzung
  • Preisimplementierung
  • Preis-Controlling

So lassen sich die Bereiche identifizieren, in denen Verbesserungspotenziale bestehen. Effekte stellen sich dann fast sofort ein – ohne dass große Investitionen notwendig wären.

Und wie müssen Unternehmen dann konkret vorgehen?

Grundsätzlich lassen sich fünf Schritte für eine optimale Preisgestaltung identifizieren:

  1. Prozess der Preisgestaltung geschäftsspezifisch definieren
  2. Richtung identifizieren: 360°-Analyse jedes Schrittes und Identifikation von Verbesserungspotenzial
  3. Schnelle Implementierung von Quick Wins
  4. Ausarbeitung von Maßnahmenkatalogen
  5. Systematische Implementierung der Maßnahmen.

Lieber Herr Brunken, danke für die interessanten Einblicke in das Thema Preisgestaltung.

Das Interview mit Ingmar Brunken, Partner der mmc AG, führte Dr. Katja Heumader, Redakteurin AGITANO.

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