„Im Zentrum steht die Interaktion mit dem Publikum“ – Interview mit Benjamin Berger von Ben Blu’s Illusionstheater aus Berlin

Modern, überraschend und immer mit einer familiären Note – mit diesen Worten lassen sich die Magie- und Illusionsshows von Ben Blu (Benjamin Berger) wohl am besten beschreiben. In Ben Blu’s Illusionstheater in Berlin verblüfft er immer wieder aufs Neue Zuschauer:innen aller Altersgruppen mit Vorführungen, die die klassische Bühnenmagie in ein modernes Gewand kleiden. In unserem heutigen Interview erzählt er uns, wie er zum Zaubern gekommen ist, welche aktuellen Trends es in der Bühnenmagie gibt und worauf er bei seiner täglichen Arbeit besonders viel Wert legt.

Technologie spielt eine zentrale Rolle in der modernen Bühnenmagie – Interview mit Benjamin Berger

Schönen guten Tag, Herr Berger! In Ihrem Berliner Illusionstheater verwandeln Sie Seifenblasen in Glas, befreien sich aus Zwangsjacken und bringen Tische zum Schweben. Da drängt sich zunächst verständlicherweise die Frage auf, wie Sie zum ersten Mal mit dem Thema Bühnenmagie in Berührung gekommen sind und all diese Dinge erlernt haben. Können Sie unseren Leser:innen einen kurzen Überblick geben?

Ben Blu: Gern. Als ich zum ersten Mal auf das Thema Magie aufmerksam wurde, war ich sieben oder acht Jahre alt. Damals habe ich ein Mickey-Maus-Magazin geschenkt bekommen, dem ein kleines Kunststück zum Verschwindenlassen einer Münze beilag. In dem Heft wurden auch zwei weitere Tricks – unter anderem die zersägte Jungfrau – erklärt. Ich war so begeistert, dass der Wunsch in mir reifte, auch Zauberkünstler zu werden.

Wie sind Sie dann zum professionellen Illusionisten geworden?

Ben Blu: Zunächst las ich viele Zauberbücher. Irgendwann fand ich dann heraus, dass es auch Händler für Zauberartikel gibt, und stellte mir mit der Zeit eine umfangreiche Ausrüstung zusammen. Durch Video-Tutorials, aber auch durch Kollegen und Zauberkongresse habe ich mein Wissen immer mehr erweitert und vertieft.

Schließlich begann ich, neben meiner Ausbildung zum technischen Assistenten für Informatik und meinem Studium der Medientechnik, vor kleinem Publikum auf Bühnen aufzutreten. Da das sehr erfolgreich war, konzentrierte ich mich mehr und mehr darauf.

Wie kann man sich die Entwicklung der Bühnenmagie von ihren Anfängen bis heute vorstellen und welche aktuellen Trends gibt es?

Aktionsbild Benjamin Berger alias Ben Blu
Ben Blu alias Benjamin Berger in Aktion: Seifenblasen zum Anfassen? (Bild: © Philipp Arnoldt Photography)

Ben Blu: Die Geschichte der Bühnenzauberei ist schon sehr alt. Die erste schriftliche Erwähnung ist im Papyrus Westcar von 1800 v. Chr. zu finden. Darin steht geschrieben, wie der Zauberer Dedi am Hof des Pharao Cheops Hunderte Jahre zuvor Wundertaten vollbrachte.

Auch in darauffolgenden Epochen der Menschheitsgeschichte finden sich vielerorts Vorläufer der heute bekannten Bühnenmagie – von Gauklern, die auf der Straße auftraten, bis hin zu Zauberern, die in den Salons von Adligen ihre verblüffenden Tricks zeigten. Bei all ihrer Verschiedenheit einte sie der Umstand, dass sie sich neue Technologien und damit verbundene Wissensvorsprünge zunutze machten, um Leute zum Staunen zu bringen und an Naturgesetzen zweifeln zu lassen.

Heute gibt es kaum noch einen Zauberer, der in Zylinder und Frack auftritt und dabei Glitzerkisten über die Bühne schiebt. Der altmodische Federblumenstrauß ist inzwischen ebenfalls größtenteils verschwunden. Vielmehr haben iPads, Drohnen und Roboter Einzug in die Shows gehalten.

An welche Zielgruppen richtet sich Bühnenmagie heute?

Ben Blu: Gerade in Deutschland hält sich das Klischee, Zauberer seien eher mit den Clowns verwandt und nur etwas für Kinder. Meine Show zielt aber auf andere Aspekte ab und ist überwiegend für Erwachsene und ältere Kinder konzipiert. Wichtig ist mir vor allem, in einer Zeit, in der wir uns durch Handys und Social Media isolieren und weiter voneinander entfernen, eine Verbindung zu den Menschen aufzubauen.

Indem ich in Köpfen Bilder entstehen lasse und Emotionen wecke, teile ich echte Geschichten mit den Zuschauern. Dabei geht es mir darum, ungewöhnliche Situationen und unvergessliche Momente zu erschaffen. Deshalb will ich auch keine Show, bei der ein Großteil des Geschehens nur auf dem Monitor zu sehen ist. Vielmehr sollen meine Gäste die Illusionen mit eigenen Augen verfolgen können. Deswegen beschränke ich meine Shows auch auf 60 Personen. Kein Zuschauer sitzt weiter als zehn Meter von der Bühne entfernt.

Das Publikum soll sich während der Show wohlfühlen

Wie kam es zur Gründung des Illusionstheaters Berlin?

Ben Blu: Es war seit vielen Jahren mein Traum, ein eigenes Theater zu haben. Es ist einfach ein besonderes Gefühl, wenn die Besucher extra für einen anreisen und man als Zauberer nicht nur Nebenunterhaltung ist wie das Buffett bei einer Firmenveranstaltung.

So kam es schließlich auch, dass ich nach langer Suche das Theater in der Meinekestraße entdeckte. Ich erstellte einen Businessplan und konzipierte die Ausstattung. Im Oktober 2019 konnten wir dann in das Objekt einziehen und begannen direkt mit dem Umbau. Es ist viel Schweiß und auch die eine oder andere Träne geflossen. Meine Lebensgefährtin hätte mich an manchen Tagen sicher am liebsten verlassen, hat mich aber trotzdem jederzeit bei dem Projekt unterstützt. Ende Dezember habe ich dann die ersten Testshows gespielt.

Auch heute gibt es immer noch viel zu tun, ob im Theater selbst oder bei den Shows. Es ist sicher kein 8-bis-5-Job, aber ein Traum, und ich bereue es nicht, den Schritt gewagt zu haben.

Die meisten Zuschauer:innen haben ein flaues Gefühl dabei, bei einer Show auf die Bühne gezogen zu werden. Haben sie dazu bei Ihnen auch Anlass?

Ben Blu: Die Interaktion mit den Zuschauern ist ein wichtiges Element in meinem Illusionstheater. Dabei ist es mir wichtig, sie nicht vorzuführen oder zu veralbern. Vielmehr mache ich sie respektvoll und dezent zu den Stars der Show und lege dabei Wert auf familiäre Wärme und eine persönliche Atmosphäre. Effekte entfalten sich schließlich nicht nur auf der Bühne, sondern vor allem im Zusammenspiel mit dem Publikum. Das gilt umso mehr, als im Illusionstheater Berlin teilweise weltweit einzigartige Tricks vorgeführt werden.

Wie kann man sich die Entwicklung eines neuen Tricks vorstellen? Wie geht ein professionelle:r Illusionist:in dabei vor?

Ben Blu: Am Anfang steht häufig die Idee eines Effekts. Ich frage mich zum Beispiel zunächst, was erscheinen oder schweben soll. Danach mache ich mir Gedanken, wie es aussehen würde, wenn ich wirklich zaubern könnte. Dann recherchiere ich, welche Methoden passen und funktionieren könnten. Dann werden Sachen ausprobiert und teilweise auch wieder verworfen. Wenn sich eine Idee als tragfähig erweist, studiere ich sie sorgfältig ein und integriere sie in eine Show.

Wie viel Übung steckt in jedem Trick und worin bestehen die größten Herausforderungen?

Ben Blu: Wie jeder Mensch ist auch jeder Trick ein bisschen anders. Es gibt Kunststücke, die kann jeder nach fünf Minuten vorführen. Andere wiederum erfordern jahrelange Übung. Das gilt vor allem für Tricks, bei denen viel Fingerfertigkeit gefragt ist. Hier muss sich das Muskelgedächtnis die einzelnen Handlungen zunächst einprägen und verinnerlichen. Das kann man sich wie beim Autofahren vorstellen. Hier ist das Schalten zunächst ein großes Problem, aber irgendwann funktioniert es nahezu automatisch.

Häufig ist das Schwierigste aber nicht so sehr der Trick an sich, sondern die Präsentation. Meistens macht das Handwerkliche nur 30 Prozent aus. Die restlichen 70 Prozent sind die wirkungsvolle Darstellung.

Was tun Sie, wenn es trotz der vielen Übung doch einmal zu einem Fehler auf der Bühne kommt?

Ben Blu: Der große Vorteil meiner Arbeit besteht darin, dass meine Zuschauer nicht wissen, was kommen soll. Deshalb liegt mein Augenmerk darauf, sie nicht merken zu lassen, wenn einmal ein Fehler passiert. Sollte mir doch ein unüberspielbares Missgeschick unterlaufen, helfen in der Regel Ehrlichkeit und Humor. Schließlich sind wir alle Menschen und das wissen auch die Zuschauer.

Wie ist es, wenn Sie Tricks von anderen Bühnenmagier:innen sehen? Wissen Sie immer sofort, wie sie funktionieren, oder werden Sie auch noch richtig überrascht?

Ben Blu: Mit weit über 20 Jahren Erfahrung ist es leider so, dass man nur noch bei sehr wenigen Zaubershows wirklich staunt und überrascht wird. Das ist auch ein Grund dafür, dass ich Zuschauern Kunststücke nicht verrate. Denn diese sind dann zwar um ein wenig Wissen reicher, aber um eine große Illusion ärmer.

Aber um zur Frage zurückzukommen: Obwohl ich das Gefühl des Staunens etwas vermisse, gehe ich nach wie vor sehr gerne in Shows von anderen Künstlern. Hier fasziniert mich dann vor allem die jeweilige Form der Präsentation.

Wie hat sich Ihr Programm im Zuge der Corona-Pandemie entwickelt und wie ist die aktuelle Situation des Illusionstheaters?

Ben Blu: Wir hatten mit unserer offiziellen Eröffnung am 28. Januar 2020 natürlich nicht das beste Timing. Wir waren als Erste von den Schließungen im Zuge der Pandemiebekämpfung betroffen und gehörten zu den Letzten, die wieder öffnen durften. Bis heute leiden wir unten den Einschränkungen und behördlichen Vorgaben.

Trotzdem wollte ich den Menschen gerade in der aktuell schwierigen Zeit eine Freude machen und sie für ein paar Stunden aus dem grauen Alltag entführen. Um das zu ermöglichen, haben wir das Theater unter anderem mit Luftfilteranlagen ausgestattet, die die Luft in den Räumen mehrmals täglich reinigen. Auch wurde die Platzanzahl drastisch reduziert. Daneben haben wir auch in neue Lichttechnik investiert, um das Erlebnis noch weiter zu verbessern.

Zu guter Letzt habe ich an den bestehenden Shows gearbeitet und neue Kunststücke entwickelt. Ein komplett neues Abendprogramm mit dem Titel „Berlin Illusions – Die Hauptstadt-Zaubershow“ hat am 02. April 2022 Premiere.

Werfen wir zum Abschluss noch einen Blick in die Zukunft. Welche Pläne haben Sie in den kommenden Jahren?

Ben Blu: In Zukunft soll spätestens alle zwei Jahre eine neue Abendshow hinzukommen. Daneben arbeiten wir weiter an unseren saisonalen Shows wie „Die Nächte des Grauens“, „SimsalaBUUH!“ und unserer Silvester-Show. Darüber hinaus sind Kurse und Workshops im Theater geplant. Es soll auch Eventwochen mit speziellen Shows geben.

Dann wünschen wir Ihnen dafür alles Gute und danken Ihnen für die interessanten Einblicke!

Profilbild Benjamin Berger alias Ben Blu
Ben Blu alias Benjamin Berger. (Bild: © Philipp Arnoldt Photography)

Das Interview mit Ben Blu (Benjamin Berger) führte die AGITANO-Redaktion. Aufgrund des lockereren Leseflusses wurde die generisch maskuline Formulierungsform überwiegend beibehalten.

Über Ben Blus’s Illusionstheater

Ben Blu’s Illusionstheater bietet seinem Publikum in der Hauptstadt ein buntes Programm an Zauber- und Illusionsshows für alle Altersklassen. Gegründet wurde es im Januar 2020 in der Meinekestraße. Zu den beliebtesten Shows gehören „Mind Illusions“, die „Magic Hour“ und „SimsalaBUUH!“.

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