Lernen: Das Gehirn ist wie Knetmasse

Albrecht Kresse ist Experte, Speaker und Autor für innovative Personalentwicklung sowie Gründer und Geschäftsführer der edutrainment company. Wir haben uns in einem Interview zur 9. GSA Convention mit Albrecht Kresse über Lernen und Weiterbildung unterhalten. Dabei ging es auch um das Thema „Lebenslanges Lernen“ und was muss ich dafür persönlich tun.

Hinweis der Redaktion: Albrecht Kresse können Sie auch auf den 9. GSA Convention 2014, die vom 11. bis 13. September in Bonn statt findet, erleben.

Und Sie können mit der GSA Convention 2014 drei tolle Preise gewinnen, noch bis zum Mittwoch, 10. September 2014, 12:00 Uhr: https://www.agitano.com/mit-der-gsa-convention-2014-gewinnen/79108.

 

Interview mit Albrecht Kresse zu Lernen, Weiterbildung und Personalentwicklung

Herr Kresse, ein Lehrer ist ein Showmaster. Stimmen Sie zu?

Albrecht Kresse, Personalentwicklung, Lernen, Weiterbildung
Albrecht Kresse ist Experte, Speaker und Autor für innovative Personalentwicklung sowie Gründer und Geschäftsführer der edutrainment company. Im Interview sprachen wir u.a. über das Thema Lernen. (Bild: © edutrainment company)

Nein, zumindest nicht in dieser absoluten Form. Wenn Sie aus eigenem Antrieb etwas lernen wollen und davon begeistert sind, können Sie viel von einem Lehrer, Trainer oder Coach lernen, der kein Entertainer ist. Aber immer dann, wenn es darum geht, Teilnehmer für Inhalte zu begeistern, die sie sich nicht selbst ausgesucht haben, ist Entertainment gefragt. In der betrieblichen Weiterbildung ist genau das oft der Fall: Mitarbeiter müssen neue Dinge lernen, obwohl sie das anfangs vielleicht gar nicht wollen – die Nutzung einer neuen Software, eine Fremdsprache, die Einhaltung von Compliance-Standards oder die Kommunikation mit Kunden, mit denen Sie vorher gar nicht in Kontakt kamen. Genau hier ist Entertainment gefordert, keine Unterhaltung um des Unterhaltens Willen, aber um dem neuen Wissen, dem neuen Verhalten und manchmal auch der neuen Einstellung eine emotionale Tür in unser Gehirn zu öffnen.

Die sich schnell verändernde komplexe Arbeitswelt fordert von uns lebenslanges Lernen. Lernen wird aber mit dem Alter immer schwieriger. Wie gelingt es mir trotzdem, mir auch später im Leben noch neue Inhalte anzueignen?

Das Gehirn ist wie Knetmasse. Bleibt sie lange liegen, wird sie hart und brüchig. Wenn man Knetmasse benutzt, knetet, bleibt sie weich und geschmeidig. So ist es auch in unserem Gehirn. Wer immer wieder bewusst neue Dinge lernt, dem fällt das Lernen auch im Alter leichter. Der Spruch, was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr, stimmt nicht. Ich erinnere mich an ein Interview mit dem Historiker Golo Mann zu seinem 80. Geburtstag. Da wurde er auf seine Leidenschaft für Lyrik angesprochen und bestätigte, dass er noch immer rund 300 Gedichte auswendig könne und gerade dabei sei, sich in die spanische Lyrik einzuarbeiten – wohlgemerkt mit 80 Jahren. Problematisch wird es nur, wenn wir längere Phasen haben, in denen wir gar nichts Neues dazulernen. Dann rosten wir tatsächlich ein. Daher ist es für Menschen, die eine Auszeit nehmen oder arbeitssuchend sind, wichtig, auch in dieser Zeit ihre Fähig- und Fertigkeiten sowie ihr Wissen bewusst aufzufrischen.

Es gibt dabei ein kleines Paradoxon. Von dem bekannten Pianisten Horowitz ist die Aussage bekannt: „Wenn ich einen Tag nicht übe, merke ich es. Wenn ich zwei Tage nicht übe, meine Frau, und nach drei Tagen merkt es das Publikum“. Wie guten Musikern ergeht es auch Spitzensportlern. Zwei Wochen Strandurlaub bezahlen sie mit vier Wochen Training, bis sie wieder den alten Stand erreicht haben. Was ist die Schlussfolgerung für uns als Otto-Normal-Bürger? Der Urlaub sei uns gegönnt, aber wir sollten aus eigenem Antrieb immer wieder neue Lernfelder suchen und auch in unseren Standardkompetenzen immer weiter trainieren. Dann fällt das Lernen auch im Alter leicht.

Konservative Zeitgenossen kritisieren sicher Ihre lockere Art und Ihren stark visuellen Ansatz. Was entgegnen Sie ihnen?

Ehrlich gesagt, ist diese Kritik relativ selten. Die Leute sind eher positiv überrascht. Sie hatten eine trockene Veranstaltung erwartet und stellen fest: Man kann eine lockere Lernatmosphäre und viel Spaß mit seriösem Lernen kombinieren. Es gibt natürlich auch Leute, die zum Lachen lieber in den Keller gehen. Für die bin ich und das Edutrainment-Konzept wahrscheinlich nicht das Richtige, denn es beinhaltet immer eine Mischung aus den drei Bestandteilen Education, Training und Entertainment.

Sie fassen ganze Kongresse in einem Comic zusammen. Wie oft glauben Sie, schauen sich die Teilnehmer die Bilder nach der Tagung noch an?

Täglich. Manche Teilnehmer geben ihr bisheriges Leben auf und verbringen ihre Tage nur noch mit dem Studium meiner visuellen Zusammenfassung. Nein, im Ernst: Ich habe keine Ahnung. Es gibt Teilnehmer, die schreiben mir noch Wochen später eine E-Mail und bedanken sich für die Bilder, die ihnen helfen, sich die Inhalte wieder ins Gedächtnis zu rufen. Viele speichern sich Fotos der Bilder auf ihr Smartphone. Das ist dann eine jederzeit abrufbare Erinnerung an einen Vortrag, ganz egal, ob einen Monat oder ein Jahr nach dem Kongress. Vielen bleibt von meiner Zusammenfassung, die Inhalte oft pointiert zugespitzt, ein zentrales Bild oder ein Symbol im Gedächtnis. Am meisten freut mich, wenn ich Teilnehmer dazu animieren kann, eine eigene Zusammenfassung von einem Vortrag zu machen – ergänzt um kleine Kritzeleien. Denn das hilft noch mehr, als die Zusammenfassungen eines anderen zu konsumieren.

Warum gibt es solche innovativen Methoden nur in der Weiterbildung? Sollten nicht auch Schulen und Universitäten viel mehr auf Spaß am Lernen setzen?

Auf jeden Fall. Ich habe drei schulpflichtige Kinder und kann sagen, diese erleben das Lernen in der Schule sehr häufig als freudlose Veranstaltung – nach wie vor. Visual Notetaking, also die Erstellung von visuellen Notizen, von Inhalten im Unterricht wäre meines Erachtens ein ganz wichtiges Werkzeug für den Schulalltag. Es macht Spaß beim Lernen und hilft beim späteren Abrufen von Inhalten – und genau darum geht es ja oft in der Schule. Selbst Mindmapping ist hier noch nicht als flächendeckendes Tool angekommen. Einer meiner Söhne bekam eine schlechte Note für seine Präsentation, weil die Folien nur aus Bildern bestanden und nicht aus Textzeilen. Vergessen wir aber nicht, dass viele Lehrer nach neuen Lernformen suchen und diese einsetzen. Oft mangelt es ihnen aber an Ressourcen, Zeit und der Unterstützung von Kollegen und manchmal auch der Eltern. In der Schule sollte aber nicht der Ernst des Lebens beginnen, sondern der Spaß am Lernen. Den Deutschen ist dieser Ansatz oft noch verdächtig: Was Spaß macht, kann nicht wirklich seriös sein. Lernen ist eine ernste Angelegenheit. Gegen dieses Vorurteil kämpfe ich an.

Vielen Dank Herr Kresse für das interessante Gespräch und Ihre spannenden Ausführungen rund ums Lernen. Ihnen weiterhin viel Erfolg.

Das Interview mit Albrecht Kresse führte Oliver Foitzik, Herausgeber des Wirtschafts- und Mittelstandsmagazins AGITANO und vom HCC-Magazin zum betrieblichen Gesundheitsmanagement.

 

Über Albert Kresse

Albrecht Kresse ist Experte, Speaker und Autor für innovative Personalentwicklung. Als Gründer und Geschäftsführer der edutrainment company entwickelt er mit seinem Team maßgeschneiderte Lösungen für deutsche Weltmarktführer im Mittelstand und internationale Konzerne. Viele begeisterte Kunden und zahlreiche Auszeichnungen bestätigen den Erfolg des Edutrainment-Konzepts.

 

Hinweis der Redaktion:

Vom 11. bis 13. September findet die 9. GSA Convention 2014 mit dem Motto „Speaking 3.0“ in Bonn statt, der Dreh- und Angelpunkt der deutschsprachigen und internationalen Rednerszene. Feierlicher Höhepunkt der dreitägigen Veranstaltung werden die erstmalige Verleihung des „German Speakers Global Awards“ an eine herausragende internationale Persönlichkeit sowie die Vergabe des Deutschen Rednerpreises und die Ehrung für die „GSA Hall of Fame“ sein. Wer Albrecht Kresse live erleben möchte, hat auf der 9. GSA Convention 2014 die Möglichkeit dazu.

 

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